Natter, F. & Uttner, V. (2011). Copy & Paste - Trend gefährdet Wissenschaft. Plagiate und Ideenklau im Zeitalter des Internets. w.e.b.Square, 01/2011. URL: http://websquare.imb-uni-augsb...
Plagiate sorgen nicht erst seit den gefälschten Gucci-Brillen aus dem Türkeiurlaub für Aufsehen in Deutschland. Immer mehr rückt bei wissenschaftlichen Arbeiten an den Hochschulen das Phänomen des „Copy & Paste-Verhaltens" in den Vordergrund. Bedroht der gedankenlose Umgang der Studierenden mit dem Internet die Wissenschaft oder kann ihr Ruf doch noch gerettet werden?
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die Hausarbeit im Rahmen der Lehrveranstaltung selbständig angefertigt, keine anderen Hilfsmittel als die im Quellen- und Literaturverzeichnis genannten benutzt und alle aus den Quellen und der Literatur wörtlich oder sinngemäß übernommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe.
Augsburg, den 15. Dezember 2010, Jonathan M.
Mit dieser Unterschrift hat Jonathan M. (22), Student an der Universität Augsburg, nach zahlreichen schlaflosen Nächten seine Hausarbeit beendet. Endlich stehen die Semesterferien vor der Tür und er legt erleichtert seinen Stift weg. Doch bevor er sich wieder ins Leben stürzt, stockt er kurz. Was hat er da eigentlich gerade unterschrieben? Wie Jonathan geht es vielen Studierenden. Kim B. (20), eine andere Studentin, fasst es treffend zusammen: „Mein Gedanke beim Unterschreiben: Whatever!" Sie ist nicht die Einzige, für die ihre Unterschrift auf dem Papier keine große Bedeutung hat.
Vom Hörsaal direkt vor‘s Gericht
Auch ein Student aus Münster gab bei seiner Diplomarbeit mit seiner Unterschrift an, keine anderen Hilfsmittel als die im Literaturverzeichnis genannten Quellen benutzt zu haben. Die Diplomarbeit nahm jedoch kein gutes Ende. Wie Spiegel Online (20.02.2009) berichtete, hielt sich der BWLer nicht an die Vorgaben und bediente sich wahllos an fremdem geistigem Eigentum. Der Schwindel flog auf und die Universität erklärte seine Diplomarbeit aufgrund des Täuschungsversuchs für „mangelhaft" und somit für nicht bestanden. Jetzt steht der Erwischte ohne Abschluss da und hat rund zehn Semester umsonst studiert. Der Student sah sein Fehlverhalten nicht ein und klagte - mit der Begründung, er habe doch nur vergessen, eine Quelle zu nennen.
Er blieb erfolglos. Das Gericht befand die Note „mangelhaft" für gerechtfertigt. Die Begründung: Bei wissenschaftlichen Arbeiten müssen alle Quellen im Inhaltsverzeichnis stehen sowie Zitate ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden. In diesem Fall liege deswegen keine selbständige und mit wissenschaftlichen Methoden gefertigte Arbeit vor und dies stellt einen Verstoß gegen die Prüfungsordnung dar (Verwaltungsgericht Münster, Urteil v. 20.02.2009 - Az.: 10 K 1212/07).
Dieses Beispiel macht deutlich, welche Konsequenzen ein vermeintliches Kavaliersdelikt für Studenten haben kann. Um dem vorzubeugen, lohnt sich eine nähere Auseinandersetzung mit dem Thema Plagiarismus.
Plagiat - was ist das eigentlich?
Der Ursprung des Wortes ist lat. plagium und bedeutet Menschenraub. Von geistigem Diebstahl und der Verletzung des Urheberrechtes an wissenschaftlichen wie künstlerischen Werken ist die Rede. Laut dem Salzburger Medienwissenschaftler Stefan Weber (2009, S. 46) liegt ein Plagiat dann vor, wenn eine überwiegend syntaktische Deckungsgleichheit mit einem bereits existierenden Text nachzuweisen ist, die im in Frage stehenden Text nicht kenntlich gemacht wurde.
Plagiatoren ist eine Recherche oft zu arbeitsintensiv. Um das perfekte Plagiat zu erstellen scheuen sie jedoch keine Mühen. Munter werden Wörter ersetzt, Reihenfolgen getauscht und Schreibweisen umgeändert. Weber spricht davon, dass inhaltliche, mit Zusammenhängen befasste Hirnaktivität nur insofern notwendig ist, als das die geeigneten Stellen für Plagiate gefunden werden müssen.
Wissenschaftsforscher Gerhard Fröhlich (2003, S. 82) geht noch weiter und teilt bei seiner Definition die Plagiate in verschiedene Abstufungen ein. So ist eine unveränderte Übernahme oder Übersetzung aus einer fremden Sprache ein totales Plagiat. Diese wurden bislang am häufigsten bei Dissertationen entdeckt. Partielle Plagiate liegen bei einer teilweisen Übernahme und Verschnitten fremder Texte ohne Quellenangabe vor. Sogar bei der bloßen Übernahme von „Substanzen" spricht Fröhlich von einem Ideenplagiat. Jedoch ist der Klau dem Plagiator bei diesem Vorgehen schwer nachzuweisen.
Der Student aus Münster bediente sich noch einer weiteren Art des Plagiarismus. Für seine Diplomarbeit kopierte er verschiedene Textpassagen wild zusammen. Stefan Weber (2009) benennt dieses Phänomen „Copy/Paste-Teilplagiat". Andere Arten sind zum Beispiel das „Shake/Paste-Plagiat", ein Flickenteppich aus zahlreichen Quellen, oder das „Strukturplagiat", bei dem das Inhaltsverzeichnis einer existierenden Arbeit übernommen wird.
Plagiate in allen Bereichen
Doch nicht nur im wissenschaftlichen Bereich, auch im Alltag ist das Thema Plagiarismus präsent. In der Presse wird diskutiert, ob Wladimir Putins Dissertation ein Plagiat ist und Zollbeamte beschlagnahmen täglich Tonnen von Produktimitaten. Im Musikbusiness zum Beispiel ist plagiieren schon fast zur Routine geworden. Oft werden hier ähnliche oder gleiche Melodiefolgen verwendet. Ein brisanter Fall dreht sich um den Berliner Rapper Bushido. Wie Spiegel Online (23.03.2010) berichtete, plagiierte er ohne entsprechende Erlaubnis Songteile von insgesamt 13 Songs der französischen Gothic-Band „Dark Sanctuary". Zusätzlich zu einer Geldstrafe dürfen Alben und Singles, auf denen die Songs veröffentlicht worden sind, nicht mehr verkauft werden. Der Fall macht deutlich, dass auch Personen, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen, nicht vor dem Plagiieren zurückschrecken. Trotz der Gefahr, durch die ständige Medienbeobachtung leichter entlarvt werden zu können, bedienen sie sich an fremdem Eigentum.
Google: Endstation der Recherche
Mit einem Mausklick ist die Hausarbeit von Jonathan M. an seinen Dozenten verschickt. Wenn doch alles so schnell und einfach wäre. Er erinnert sich zurück, als er vor ein paar Wochen mit der Recherche begann. Platz Eins der Recherchewege belegen bei den Studierenden derzeit Google und die Online-Enzyklopädie Wikipedia, wie Martin Emmer und Jens Wolling (2008) herausfanden. Hier beginnt die Informationssuche und oft hört sie auch hier wieder auf. Erst auf dem fünften Platz kommt der Weg in die Bibliothek. Problem hierbei ist der fehlende Tiefgang, zudem verlocken die vielen frei verfügbaren Informationen aus dem Internet zum Copy & Paste-Verhalten, bei dem die Inhalte oft eins zu eins übernommen werden. Auch Wikipedia wird als Quelle äußerst kritisch gesehen. Gerade beim „googeln" von wissenschaftlichen Fachbegriffen taucht die Seite meist als erster Link auf, was für viele Studierende eine große Verführung darstellt, die Inhalte direkt von dort zu kopieren. Stefan Weber schildert den Fall eines Studenten, der sich in einer E-Mail an ihn wandte:
„die geschichte [sic!] [...] habe ich schön zusammengefasst auf wikipedia gefunden und von dort zitiert [...]. Die fertigstellung [sic!] [der Seminararbeit] eilt nämlich etwas und ich habe daher nicht die zeit [sic!], in zehn verschiedenen büchern [sic!] nachzuschlagen." (Weber, 2009, S. 32 f).
Diese Aussage macht deutlich, dass die Zeitersparnis ein bedeutender Faktor ist, der zum Kopieren aus dem Netz führt. Es herrscht das „Prinzip des geringsten Aufwands" (Weber, 2009 S.33).
Nicht nur Wikipedia, auch verschiedene Internetportale unterstützen das Verhalten der Studierenden, Inhalte per Copy & Paste-Verfahren zu übernehmen. Einige Verlage in Deutschland haben sich auf das Thema Hausarbeiten spezialisiert. Seit 1998 veröffentlichen die Seiten hausarbeiten.de, diplomarbeiten24.de und grin.com akademische Werke. Das Konzept der Seiten sieht vor, dass die Autoren frei darüber entscheiden können, ob sie mit ihren Arbeiten Geld verdienen oder sie kostenfrei zur Verfügung stellen wollen. Bis zu vier Millionen Besucher greifen laut der Unternehmensseite grin.com (Stand 11.12.2010) auf die wissenschaftlichen Texte zurück. Die hohen Nutzerzahlen legen nahe, dass Plagiate aus dem Internet unter Studierenden beliebt sind.
Immer öfter tauchen auch in der Presse Fälle von Plagiarismus an deutschen Universitäten auf. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob die Anzahl der Plagiatsfälle tatsächlich gestiegen ist oder sich mit der Verfügbarkeit der Informationen im Internet die Entdeckungsmöglichkeiten verbessert haben. Stefan Weber (2009) betont, dass für die unterschiedlichen Einschätzungen und Befunde hauptsächlich die verschiedenen Verständnisse der unterschiedlichen Akteure schuld sind. Definiert man nur eins zu eins-Totalübernahme als Plagiat, ist der prozentuelle Anteil sehr gering. Im Gegenzug erhöht sich der Anteil bei einer Definition von Plagiaten bei einer wortwörtlichen Übernahme einzelner Sätze drastisch.
Studien: Wie viel wird wirklich plagiiert?
Verlässliche quantitative oder qualitative Textanalysen zum Plagiatsanteil bei akademischen Arbeiten liegen derzeit noch nicht vor. Die Einschätzungen, wie viele Studierende aus dem Internet kopieren, schwanken zwischen einstelligen Prozentzahlen bis zu 60 Prozent. Jedoch sind sich die meisten Forscher, die sich mit dem wissenschaftlichen Fehlverhalten auseinandersetzten, in einem Punkt einig. Plagiatsfälle haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Eine Untersuchung von 235 Arbeiten der Internetseite Compilatio.net ergab z.B., dass im Studiengang Medizin elf Prozent kopierter Textstellen in Haus- und Seminararbeiten vorliegen, gefolgt von den Wirtschaftswissenschaften mit 6,4 Prozent, Ingenieurwissenschaften mit sechs Prozent und Germanistik mit fünf Prozent. Diese Zahlen bestätigt auch die amerikanische Studie „Cheating among college and university students: „A North American perspective" von Donald L. McCabe (2002 bis 2005). Er stellt fest, dass jeder 14. Studierende zugibt, schon einmal ein klares Plagiat, das nahezu wortwörtliche Kopieren von Texten, begangen zu haben. 38 Prozent geben an, vor ihrem ersten Abschluss einige Sätze aus einer gedruckten Quelle ohne Beleg kopiert zu haben. Weitere 36 Prozent kopierten aus einer Web-Quelle. Rund 30 Prozent der Studierenden sind zudem der Meinung, dass „Copy & Paste" keine schwere Betrugsform darstellt. Für diese Studie befragte McCabe im Zeitraum mehr als 80.000 Studierende und 12.000 Lehrende in den USA und Kanada mit Hilfe eines Online-Formulars.
Die Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts „Opinonalpanel for Times Higher Education Supplement" aus England, die im Jahre 2006 mit 1022 Studierenden durchgeführt wurde, stützt die 30-Prozent-Marke der amerikanischen Studie. Auch in England hat das Internet die Hemmschwelle zur eins zu eins-Übernahme von Texten gesenkt. 30 Prozent halten den Plagiarismus an ihrer Universität für kein besonderes Problem, nur sieben Prozent sprechen von einem ernsten Thema.
Auch die deutschen Universitäten haben die Problematik erkannt und versuchen nun dagegen vorzugehen. Juristisch lassen sich Plagiate als schriftliche Lüge einordnen (Sattler, 2008). Bundesweite Regelungen gibt es nicht, jedoch wurden die Hochschulgesetze in den letzten Jahren verschärft. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die bei einem Plagiat ergriffen werden. Diese reichen von der Vergabe der Note „sechs" über die Aberkennung von Studienleistungen und Creditpoints bis hin zur Exmatrikulation. Im äußersten Fall kann auch eine Geldstrafe von 50.000 Euro verhängt werden.
Für ein durchschnittliches Studentenbudget kann dies zu einer hohen finanziellen Belastung werden. Nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch bei den meisten anderen deutschen Universitäten gibt es mittlerweile die Eidesstattliche Erklärung, in der die Studierenden versichern müssen, alle benutzten Quellen anzugeben.
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Vorbild war unter anderem der Ehrenkodex aus den USA. Die Studierenden müssen sich hier wie bei der Eidesstattlichen Erklärung schriftlich zu den moralischen Grundsätzen bekennen. Außerdem wird darin explizit dargelegt, welche Handlungen nicht erlaubt sind und was bei Abweichungen droht. So schafft der Ehrenkodex Klarheit und erschwert Ausreden. Allgemein herrschen an den amerikanischen Hochschulen strengere Bestrafungen in Relation zur Schwere des Betrugsversuches. Dies können zum Beispiel zeitliche Verweise von der Universität oder Sperren für Auslandsstipendien sein (Sattler, 2008).
Doch was können Lehrende tun, um den Umgang mit Plagiaten und deren Erkennung zu verbessern? Mandy Schiefner, stellvertretende Leiterin der Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik der Universität Zürich, legt in „Wissenschaftliche Redlichkeit im Zeichen der Zeit" (2010) dar, wie wichtig es ist, Plagiate schon im Vorhinein zu verhindern. Dabei ist es entscheidend, ein Problembewusstsein für Plagiarismus zu schaffen. Studierende müssen erkennen, dass die wissenschaftliche Redlichkeit durch Plagiate gefährdet wird.
Laut Schiefner sind dafür eine Einführung der Studierenden in wissenschaftliches Schreiben und Arbeiten sowie die Vermittlung von gutem Zeitmanagement notwendig. Denn letztendlich sind die Lehrenden für die wissenschaftliche Arbeit ihrer Studenten verantwortlich, wie der Deutsche Hochschulverband (2000, S.2) konstatiert: „Sie haben Sorge dafür zu tragen, dass der wissenschaftliche Nachwuchs die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis lernt. Studierende und wissenschaftlicher Nachwuchs sind für das Erkennen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu sensibilisieren." Des Weiteren macht der Hochschulverband deutlich, welche Folgen das Fehlverhalten Einzelner für den Ruf der Wissenschaft hat: „Es zerstört das Vertrauen, das die Öffentlichkeit in die Lauterkeit der Wissenschaft setzt."
Auch Sebastian Sattler sieht eine wichtige Aufgabe in einer klaren „Verständigung über mögliche Konsequenzen im Vorfeld" (2007, S. 190). Er hält es für sinnvoll, direkt mit den Studierenden über Plagiarismus zu diskutieren, um diese für das Thema zu sensibilisieren. Konkrete Aspekte, die angesprochen werden können, sind zum Beispiel der Umgang mit Wikipedia, richtigem Zitieren und eigene Erfahrungen der Studierenden mit Plagiaten (vgl. u.a. Austin/Brown 1999, S. 24 ff).
Im Artikel „Unterschätztes Phänomen" (2008) prangert Sattler weiter an, dass die Lehrenden seiner Meinung nach nicht aktiv genug gegen Plagiate ankämpfen. „Es gibt Indizien dafür, dass Lehrende immer dann weniger nach Plagiaten suchen, wenn sie einen Imageschaden durch das Bekanntwerden von Plagiatsfällen erwarten". Eine gründliche Plagiatssuche und die abschließende Dokumentation enttarnter Plagiate koste zudem sehr viel Zeit, die Lehrende eher ins Publizieren von wissenschaftlichen Arbeiten investierten. So erhöhe sich nicht nur ihre Stellensicherheit, sondern das wichtige Renommee des Fachpublikums.
Sattlers Vorschlag lautet: Wie in einigen Ländern üblich, sollte die Plagiatssuche von professionalisierten Stellen übernommen werden, da zwischen den Fachbereichen an den Universitäten starke Unterschiede bei der Plagiatsdefinition und -suche vorherrschen.
PC-Programme im Kampf gegen Plagiate
Eine Möglichkeit, um Plagiate systematisch zu enttarnen, bietet Plagiaterkennungssoftware. Doch ein Test an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin im Jahr 2008 brachte ernüchternde Ergebnisse. „Plagiatsjägerin" Weber-Wulff bewertete in einem Test die Effektivität der Plagiatserkennung und maß die Eignung im Hochschulalltag. Um die PC-Programme zu testen, erstellte sie präparierte Texte und Aufsätze zu verschiedenen Themen, davon waren viele Plagiate von unterschiedlichen Quellen und Abschreibearten. Kein System erreichte sehr gute Ergebnisse. Nach Angaben der Internetseite der HTW Berlin raten die Experten deshalb vom Einsatz von Software zur Erkennung von Plagiaten ab. „Solche automatisierte Software erkennt Plagiate nur unzulänglich; sie unterscheidet beispielsweise nicht zwischen Zitaten und Plagiaten" (www.htw-berlin.de).
Der Mensch kann laut Weber-Wulff beim Erkennen der Plagiate deutlich bessere Ergebnisse erzielen als die Plagiatssoftware. „Auffällig guter schriftlicher Ausdruck, vielleicht auch besondere Stilmittel, weisen meist auf die Entlehnung eines Textes hin. Ebenso sind Stilwechsel, gemischte oder mangelnde Zitationsweisen innerhalb der Arbeit auffällig. Auch das Verwenden von Fremdwörtern, Rechtschreib- oder Grammatikfehlern weist auf ein Plagiat hin" (Weber-Wulff 2006, S. 93). Das Internet bietet nicht nur die Möglichkeit zu plagiieren, es hilft auch den Dozenten beim Aufspüren der kopierten Textstellen.
Kritisches Denken als Ziel höherer Bildung
Seit knapp zweihundert Jahren sind die deutschsprachigen Hochschulen darauf angelegt, selbständiges, wissenschaftliches und kritisches Denken zu fördern. Die Humboldt‘sche Universität betonte die studentische Entscheidungsfreiheit und hatte das forschende Lernen als Ziel (Kruse, 2010). Durch eine Begegnung mit der Wissenschaft sollten die Studierenden in einen dynamischen, persönlich wie fachlich bedeutsamen Entwicklungsprozess involviert werden.
Doch der Bologna-Prozess, der die europäischen Hochschulen seit 1999 reformiert, führte zu einem Bruch mit der Tradition. Seitdem hat sich das Studieren in den deutschsprachigen Ländern verändert. Die Entwicklung führte zu einer Spezialisierung von Leistungen, höherer Strukturierung und der Komprimierung von Inhalten. Ein Studium ist heute mehr als früher eine Aneinanderreihung von Lern- und Prüfungsanforderungen. Dadurch werden die Mühen des selbstständigen Denkens und Entscheidens den Studierenden immer häufiger abgenommen. Vielmehr wird die studentische Intelligenz vor allem darin ausgebildet, herauszufinden, wie die nächste Prüfung mit dem geringsten Aufwand zu bestehen ist (Kruse, 2010). Das Sammeln von Credit Points und die Einhaltung der Studiendauer sind dabei oftmals wichtiger als die Lernerfahrung.
Bisher bestätigen noch keine wissenschaftlichen Studien, ob die Bologna-Reform tatsächlich noch Platz für eigene Ideen lässt. Sicher ist jedoch, dass sich das Verständnis von einem Hochschulstudium sowie dem wissenschaftlichen Arbeiten gewandelt hat. Der stressgeplagte Studierende findet kaum noch Zeit, aus eigenem Interesse ein Buch zu lesen und kann dank der Erfindung der Onlinesuchmaschinen schnell auf sämtliche Informationen im World Wide Web zugreifen, ohne sich den Kopf zerbrechen zu müssen. Das Copy & Paste-Verhalten ist für viele Studierende beim Verfassen von Hausarbeiten zur Selbstverständlichkeit geworden. Es liegt jetzt an den Universitäten, die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens zu vermitteln. Ob die Aufklärung an den Hochschulen über die Folgen des Plagiierens das Bewusstsein der Studierenden verändert, wird sich zeigen müssen.