Hermann, C. & Wagner, A. (2001). Überallinternet. Neue Lernchancen durch den Einsatz mobiler Endgeräte? w.e.b.Square, 01/2011. URL: http://websquare.imb-uni-augsb...
Handys, Smartphones, Laptops, eBooks: Jeder kennt sie, jeder hat sie, jeder nutzt sie. Mobile Endgeräte haben längst ihren festen Platz in der Hand- und Hosentasche des Durchschnittsdeutschen. Seitdem diese nun auch einen uneingeschränkten Zugang zum Internet ermöglichen, ist ihr Siegeszug nicht mehr aufzuhalten. Damit eröffnen sich nicht zuletzt neue Möglichkeiten für ein mobiles Überall-Lernen, auch im Hoch-schulkontext. Welche Chancen bieten die „kleinen Wunderwerke" wirklich? Und was bedeutet dies für das Lernen?
Museumsreif? Buch versus Technik
„Das Kind kam heute spät aus der Schule heim. Wir waren im Museum, sagte es. Wir haben das letzte Buch gesehen. (...) Ja und, sagte ich erschrocken, was war das für ein Buch? Eben ein Buch, sagte das Kind. Es hat einen Deckel und einen Rücken und Seiten, die man umblättern kann. Und was war darin gedruckt, fragte ich. Das kann ich doch nicht wissen, sagte das Kind. Wir durften es nicht anfassen. Es liegt unter Glas."
(Kaschnitz, 1982, S. 110)
Das Szenario, das Marie Luise Kaschnitz in ihrer Kurzgeschichte „Das letzte Buch" bereits in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts malte, ist heute nicht mehr ganz so utopisch, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. In Zeiten von eBooks und iPads, Wikipedia und Brockhaus online könnte man tatsächlich auf den Gedanken kommen, dass das Buch von technischen Neuerungen verdrängt wird. Praktisch, problemfrei, portabel präsentieren sich die neuen Erfindungen, während so mancher Wälzer oftmals recht verstaubt daherkommt. Die Technik, so scheint es, wappnet sich für ihren Siegeszug.
Zu den wenigen Bastionen des herkömmlichen Buches gehören Schule und Universität. Bü-cher sind aus dem schulischen und universitären Alltag bislang nicht wegzudenken. Zwar haben ‚E-Learning‘-Elemente vereinzelt Eingang in Seminare und Vorlesungen erhalten - meist in Kombination mit herkömmlichen Lehrmethoden - jedoch ist das Lernen mit elektro-nischen und digitalen Medien oftmals umständlich und bisher wenig verbreitet (Clark & Ma-yer, 2008, S.10). Eine wirkliche Bedrohung für das Buch stellt es zum gegenwärtigen Zeit-punkt nicht dar (Hug, 2010, S. 209).
Lehrbücher, Seminarbücher, Textbücher, Übungsbücher: Der typische Studierende verbringt weiterhin einen Großteil seiner Zeit in der Bibliothek. Über seine Texte gebeugt liest und ex-zerpiert er fleißig - oftmals in einem staubigen Kabuff, fern jeden Sonnenlichts. Wäre es da nicht sehr viel angenehmer, er könnte sich den Lernstoff draußen auf der Campuswiese zu Gemüte führen? Mobilität heißt das Stichwort, das im Lehr- und Lernkontext immer mehr zum Thema wird. Damit werden der neuesten Technik auch die Türen zur Universität geöff-net.
Online: Überall, zu jeder Zeit
Während der Studierende noch davon träumt, die schweren Bibliothekswälzer mit ins Freie nehmen zu dürfen, lässt sich andernorts schon die gewünschte Mobilität genießen. Online in einem Schnellrestaurant, in der Hotellobby oder im Krankenhaus: Der Zugriff auf das Internet muss nicht mehr zwangsläufig von zu Hause aus oder im Büro erfolgen. WLAN-Hot Spots bieten Usern einen mühelosen und oftmals kostenfreien Zugang an diversen öffentlichen Orten. Mit iPad und iPhone sind der Internetnutzung keine Grenzen mehr gesetzt. Die User-zahlen des Webs steigen dabei weiterhin kontinuierlich. Die Studie der Initiative D21, der sogenannte (N)ONLINER Atlas, zeigt, dass sich die Internutzung in Deutschland innerhalb einer Dekade um knapp 50 Prozent gesteigert hat. 2001 nutzten lediglich 37 Prozent der Deutschen das Internet, während 2010 bereits 72 Prozent der deutschen Bevölkerung zu den ,Onlinern‘ gehörten. Als Onliner werden all jene bezeichnet, die, unabhängig von Ort und Motiven, Nutzer des Internets sind (Initiative D21, 2010, S. 10 f.).
Die 14 bis 49-Jährigen sind dabei besonders aktiv. 90,4 Prozent zählen in dieser Altersgruppe zu den Onlinern. Sogenannte ,Nutzungsplaner‘, weitere 3,1 Prozent, haben die Absicht, innerhalb der nächsten zwölf Monate das Internet zu nutzen (Initiative D21, 2010, S. 49).
Unterwegs schnell mal Begriffe googeln oder bei Wikipedia Infos über neue Lerninhalte ein-holen - Damit eröffnen sich für den Studierenden neue Möglichkeiten zur Informationssuche und zur Wissensaneignung. Mobiler Internetzugang, mobile Endgeräte, mobile Informations-suche. Warum dies alles nicht auch dafür nutzen, dem Studierenden seinen Traum vom Ler-nen auf der Campuswiese zu ermöglichen? Warum dies alles nicht zum Konzept des mobilen Lernens vereinigen?
Mobiles Lernen: Eine Definitionssache
Eine allgemeingültige Definition des Begriffs ‚Mobiles Lernen‘ findet man in der Literatur bis-her nicht. Dies liegt zum einen sicherlich daran, dass die Forschung zu dieser Thematik noch in den Kinderschuhen steckt. Zum anderen ist die Bestimmung, welche Lernformen und
-konzepte unter mobiles Lernen fallen, stark perspektivenabhängig.
Die rein technologische Sichtweise begreift das Phänomen als eine Unterart des E-Learnings, das mittels mobiler Endgeräte ein ortsunabhängiges Lernen ermöglicht (Hug, 2010, S. 194). Beherzigt man diese Begriffsdefinition, so genügt es also, dass der Studierende auf der Campuswiese sein Handy nutzt, um mobiles Lernen zu praktizieren.
Vielen Forschern geht diese Definition jedoch nicht weit genug. Hug (2010) und Ernst (2008) beispielsweise schlagen eine interdisziplinäre Sichtweise vor und fordern neben der techno-logischen Perspektive unter anderem den Einbezug sozialer und kognitiver Aspekte. Sie weisen auf die Entwicklung neuer, innovativer Lernkonzepte hin, die auf die Möglichkeiten und Grenzen der Geräte zugeschnitten sind und dabei beispielsweise auch soziale und psy-chische Mobilität im Blick haben (Ernst, 2008, S. 13). Mobiles Lernen bedeutet damit nicht nur ortsunabhängiges, sondern gleichzeitig auch verändertes Lernen. Besonders in den Fokus rückt dabei das kollaborative Lernen im kommunikativen Austausch, zum Beispiel zwischen Lernenden und Lehrenden, das durch mobile Endgeräte gleichermaßen gefördert und erleichtert wird (Hug, 2010, S. 200).
Vom Handy zum Smartphone: Mobile Endgeräte
Eine entscheidende Rolle beim mobilen Lernen spielen die Geräte, die diese neue Form des Lernens erst ermöglichen, die sogenannten mobilen Endgeräte. Ob Handy, Laptop, Smart-phone oder MP3-Player: Vor allem handlich müssen sie sein und natürlich tragbar. An der Frage, was nun aber tatsächlich unter den Begriff der mobilen Endgeräte fällt, scheiden sich erneut die Geister. Weiss (2002) beispielsweise zählt dazu Laptops, Tablet PCs, Subnote-books, Personal Digital Assistents (PDA), Smartphones und Mobiltelefone (Weiss, 2002, S. 3). Er vernachlässigt wie Ernst (2008) MP3-Player und portable Spielekonsolen aufgrund deren geringen Nutzens für das Lernen. Traxler (2009) hingegen klammert Laptops und Tab-let PCs aus, da sie seiner Ansicht nach wenig portabel und nicht schnell genug einsetzbar sind (Traxler, 2009, S. 15). Die Größe und das Gewicht der Geräte, die einen Transport er-schweren, sowie deren Unhandlichkeit spielen hierbei sicherlich eine entscheidende Rolle. Da die Entwicklung leichterer und handlicherer Geräte aber immer weiter voranschreitet, ist es sinnvoll, neben Smartphones, PDAs und Mobiltelefonen auch Laptops und Tablet PCs mit einzubeziehen.
Zur Verbreitung mobiler Endgeräte: Eine Untersuchung
Bei der Beantwortung der Frage, inwieweit eine Integration des mobilen Lernens an Hoch-schulen realisierbar ist, spielt die Verbreitung der mobilen Endgeräte eine erhebliche Rolle. Schließlich lässt sich das Konzept nur dann dauerhaft verwirklichen, wenn die Mehrzahl der Studierenden bereits über die nicht immer günstigen Geräte verfügt.
Im Dezember 2010 führten zwei Bachelorstudentinnen der Universität Augsburg eine Umfra-ge unter zwanzig Studierenden im Alter von 20 bis 30 Jahren durch. Dabei wurden zehn Männer und zehn Frauen aus den Studiengängen Medien und Kommunikation, Sozialwis-senschaften, internationale Betriebswirtschaftslehre, Erziehungswissenschaften, Architektur und Stadtplanung, Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik, Rechtswissenschaften und Lehr-amt zu ihrer Nutzung mobiler Endgeräte befragt. Ziel war es, ein Bild von der Einstellung Studierender zum elektronisch gestützten mobilen Lernen zu erlangen und die tatsächliche Verbreitung internetfähiger Geräte zu ermitteln.
19 der 20 Befragten gaben an, ein internetfähiges mobiles Endgerät zu besitzen und dieses regelmäßig zum Lernen für die Universität einzusetzen. Auf Platz Eins rangiert dabei der Laptop, den 17 der Befragten nutzen. Das Smartphone (zwei Befragte) und internetfähige Handys (drei Befragte) sind dagegen bei den Studierenden noch kaum zu finden.
Die Verbreitung internetfähiger mobiler Endgeräte bildet eine Grundvoraussetzung dafür, mobiles Lernen dauerhaft in den Alltag Studierender zu integrieren. Eine scheinbare Kluft besteht allerdings noch zwischen dem sogenannten „informellen Lernen" (Lupin, 2008, S. 37) und dem Lehr- und Lernangebot der Bildungsinstitutionen. Informelles Lernen bezeichnet dabei unstrukturiertes Lernen im Lebenskontext außerhalb gängiger Bildungseinrichtungen.
Zwar ist der ein oder andere Begriff schnell gegoogelt, dauerhaftes Wissen und komplexere Zusammenhänge zu verinnerlichen und zu vertiefen ist jedoch weitaus schwieriger. Hier ist es unter anderem die Aufgabe der Hochschulen und Universitäten, mobiles Lernen zu integ-rieren und gegebenenfalls mit dem klassischen ‚Frontalunterricht‘ zu kombinieren. Bisher machen Bildungsinstitutionen kaum Gebrauch von diesen Möglichkeiten. Vorstellbar für die konkrete Umsetzung der Integration in den Universitätskontext wäre zum Beispiel die orts-unabhängige Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden mittels mobiler Endgeräte (Initiative D21, 2010, S. 30). Dies wäre unter anderem bei der Bewältigung von Übungsauf-gaben sinnvoll. Im Vordergrund steht beim Lernen mit mobilen Endgeräten jedoch bisher vor allem die Möglichkeit, ungenutzte Zeit, zum Beispiel während der Straßenbahnfahrt zur Uni-versität, mit dem Vertiefen und Wiederholen von Lernstoff zu füllen (Initiative D21, 2010, S. 30).
Praxisbeispiel der Fernuniversität Hagen
Ein konkretes Beispiel für die Integration von mobilem Lernen in das Lehrangebot ist das
Projekt der Fernuniversität Hagen. Im Rahmen einer Fallstudie wurde hierbei Software für
ein Weiterbildungsstudium für Führungskräfte entwickelt und getestet (Krauss-Hoffmann
et al., 2007, S. 34). Die Programme setzen sich aus diversen Elementen zusammen: Zum
einen bieten sie zum Nachschlagen und Wiederholen einen groben Überblick über die
wichtigsten Lerninhalte, zum anderen prüfen sie mittels Multiple-Choice-Fragen, Lückentext-
und Richtig/Falsch-Aufgaben das bisher angeeignete Wissen (Krauss-Hoffmann et al.,
2007, S. 35). Darüber hinaus integrierten die Software-Entwickler eine Chat-
Option und ein Forum, mithilfe dessen sich Studierende über die behandelten Thematiken sowohl synchron als auch asynchron austauschen können. Ausführliche Texte zu den The-men wurden ebenso angeboten wie Videosequenzen und Audio-Dateien (Kuszpa, 2005, S. 66 f.).
Der besondere Vorteil derartiger Programme liegt einerseits in der Kombination verschiedener Elemente miteinander, die unterschiedliche Zugänge zu den Inhalten ermöglichen. So bietet ein Konzept, bestehend aus Selbststudium und kommunikativem Austausch mit anderen, verschiedene Sichtweisen und eine verbesserte Verankerung des Lernstoffes. Andererseits sind die Programme durch ihre Gliederung in Module und Sinnabschnitte hervorragend dazu geeignet, kurze Leer- und Wartezeiten mit mobilem Lernen zu füllen.
Insgesamt wurde das Lernen mit mobilen Endgeräten von den Teilnehmern an der Fallstudie als positiv bewertet. Die Einbindung von Video- und Audiosequenzen wurde als sinnvoll er-achtet, jedoch ist die Technik hier längst nicht ausgereift. Die ausführlichen Texte wurden meist lediglich als Nachschlagewerke bei Unsicherheiten genutzt, was nicht zuletzt an den kleinen Displays der verwendeten Geräte und der damit verbundenen schlechten Lesbarkeit lag (Kuszpa, 2005, S. 66 f.).
Sinn und Unsinn des Mobile Learning: Was Studierende denken
Die Durchsetzungskraft und der Erfolg solcher Projekte sind nicht zuletzt vor allem von den Ansichten der Studierenden und deren Bereitschaft abhängig, mit mobilen Endgeräten zu arbeiten. Die an der Universität Augsburg durchgeführte Umfrage zeichnet ein Bild Studie-render, die sich ein ‚Unterwegs-Lernen‘ größtenteils vorstellen können und auch gewillt sind, derartige Angebote in Zukunft zu nutzen. Zwei Drittel der Befragten halten das Lernen mit mobilen Endgeräten für sinnvoll (elf Befragte) oder sehr sinnvoll (vier Befragte). 16 der 20 Befragten antworteten auf die Frage „Könntest du dir vorstellen, in Zukunft verstärkt mit mo-bilen Endgeräten für die Universität zu lernen?" mit „Ja".
Ergebnisse wie diese zeigen, dass Studierende die Chancen, die das mobile Lernen bietet, bereits erkannt haben. Es besteht Interesse, Angebote auch für die Universität intensiver zu nutzen. Dies scheitert jedoch bislang an der konkreten Umsetzung. Pilotprojekte wie das der Fernuniversität Hagen sind sicherlich ein guter Anfang und könnten die Verbreitung des mo-bilen Lernens an den Hochschulen fördern, jedoch besteht hier noch großer Entwicklungs-bedarf. Die Voraussetzungen dafür sind bereits gegeben: Mobile Endgeräte werden genutzt und Studierende sind nicht abgeneigt. Doch welcher Nutzen lässt sich tatsächlich aus dem Konzept des Mobile Learning ziehen? Und welche Hindernisse bestehen dabei?
Mobile Learning: Hürdenlauf oder Spazierfahrt?
Das Lernen mit mobilen Endgeräten ist noch durch viele Hürden gekennzeichnet. Die Kosten für mobile Geräte, vor allem für Smartphones, sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr hoch. Studierende mit geringem bis gar keinem Einkommen können sich diese teuren Technik-wunder nicht immer leisten. Des Weiteren unterliegen die Geräte diversen Restriktionen, die die Entwicklung und Anwendung von Programmen erschweren. Unterschiedlich große Dis-plays, unzureichende und uneinheitliche Speicherkapazitäten sowie abweichende Darstel-lungsformen sind dabei die Hauptprobleme (Kuszpa, 2005, S. 60). Oftmals fehlen Standards wie eine einheitliche Programmiersprache, um homogene Darstellungen zu garantieren. Zu-sätzliche Programme, die eine Darstellung in Standardformaten wie PDF ermöglichen, aber auch vorinstallierte Audio- und Videoprogramme, wären hier sinnvoll (Kuszpa, 2005, S. 61).
Doch nicht nur die technischen Gegebenheiten der Geräte erschweren einen unkomplizierten Einsatz des Konzepts. Auch die Lernsoftwareanwendungen könnten modifiziert und ver-bessert werden. Längere Texte sind aufgrund oftmals kleiner Displays schlecht lesbar, man-che Grafiken und Illustrationen sind schwer abbildbar. Dem muss mit technischen Verände-rungen begegnet werden. Schließlich besitzt nicht jeder ein iPad, dessen Bildschirmgröße und Auflösung derartige Probleme nicht aufwirft. Vergrößerungsfunktionen, eine zusätzliche textliche Beschreibung der Bilder und die Einführung eines Inhalts- und Stichwortverzeich-nisses könnten hier zum Beispiel Abhilfe schaffen (Kuszpa, 2005, S. 68). Auch eine sinnvolle Aufteilung und Gliederung der Informationen würde die Orientierung und den Umgang mit den Softwares des mobilen Lernens erleichtern.
Nicht zuletzt bestehen auch einige Hürden im institutionellen Bereich. Hochschullehrende fehlt es allgemein an Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien. Das lässt sich unter anderem daran erkennen, dass nur ungefähr 5 Prozent der Lehrenden aktiv E-Learning bzw. E-Teaching ausüben (Wedekind, 2008, S. 1, zit. nach Wedekind, 2004, S. 271 f.). Ähnlich wird es beim Mobilen Lernen sein. Digitale Medien haben in der Hochschullehre noch keinen fes-ten Platz eingenommen. Nicht alle Lehrende verfügen über das notwendige Know-how und die technischen Kenntnisse, um mobiles Lernen in ihr Lehrprogramm zu integrieren. Hier müsste beispielsweise durch Weiterbildungsmaßnahmen eine Grundlage geschaffen werden, die einen Nährboden für eine Einbindung mobilen Lernens bilden könnte. Bei vielen Lehrbeauftragten fehlt außerdem oft die Akzeptanz für derartige Neuerungen. Auch hier wäre eine weitreichende Aufklärung über Vorteile des Lernens mit mobilen Endgeräten vonnöten (Wedekind, 2008, S. 8 - 11).
Mobiles Lernen: Universalgenie für Individuen!
Trotz der zahlreichen Hindernisse und Probleme, die das Lernen mit mobilen Endgeräten momentan eher an einen Hürdenlauf erinnern lassen, bietet das Konzept viele Möglichkeiten und Chancen im pädagogischen Bereich. Einerseits kann der Studierende die Bibliotheks-wälzer getrost zu Hause lassen und auf der Campuswiese mobile Endgeräte verwenden, denn orts- und zeitunabhängiges Lernen kann mittels dieser Geräte leicht umgesetzt werden (Krauss-Hoffmann et al., 2007, S. 39). Andererseits ermöglichen die mobilen Technologien, unterschiedliche Lerntypen anzusprechen. Jeder kann mit der Methode lernen, die für ihn passend erscheint und dabei sein eigenes Tempo wählen. Ob mittels Einsatz von Bildern, dem Einbinden von Videos zur visuellen Verankerung, ob durch das Wiederholen von Prü-fungs- und Übungsaufgaben oder per Kommunikation mit Kommilitonen und Kommilitonin-nen. Für jeden Lerntyp gibt es die passende Lernform, eine eigene Herangehensweise, die man sich als Nutzer selbst aus den unzähligen Elementen kombinieren kann. Das Konzept ermöglicht Mobilität, Unabhängigkeit und Flexibilität der Lernenden und kann dementspre-chend die Lernbedürfnisse der Studierenden individuell befriedigen.
Ein weiterer positiver Aspekt ist die Tatsache, dass es sich bei den mobilen Endgeräten ins-besondere bei Jüngeren um vertraute Alltagsgegenstände handelt und sie somit nicht erst in das Leben der Studierenden integriert werden müssen (Krauss-Hoffmann et al., 2007, S. 40). Die mobilen Geräte ließen sich daher hervorragend als Lerngegenstand nutzen. Warum in der Straßenbahn nicht die verbleibende Fahrtzeit dazu nutzen, um Spanisch-Vokabeln zu pauken, nachdem man sich zum Vergnügen schon ausgiebig auf Facebook herumgetrieben hat? Um dies umzusetzen, müssen die Lernprogramme auf die Interessen und Wünsche der Lernenden ausgerichtet sein.
Think positive - Was können wir in Zukunft erwarten?
Hat das klassische Buch neben diesen Neuerungen überhaupt eine Chance? Wie bedroht ist nun seine Existenz in der Bildung? Werden die praktischen, problemfreien, portablen Kon-kurrenten das jahrhundertealte Medium auch von dessen letzten Bastionen verdrängen?
Zwar hat es seinen Reiz, in der Straßenbahn von Facebook zu Vokabeln zu wechseln oder auf der Campuswiese liegend an seinem Handy herumzuspielen und dabei auch tatsächlich etwas zu lernen. Spätestens wenn die Sonne langsam untergeht, ist es momentan aber noch an der Zeit, in die staubigen Kabuffs zurückzukehren und sich wieder über Bücher und Texte zu beugen. Dies liegt vor allem daran, dass die Kinderschuhe noch nicht abgelegt werden konnten und die Technologie dieser vielversprechenden Konzeption noch zu unausgereift und uneinheitlich ist (Kuszpa, 2005, S. 70).
Lediglich eBook-Reader, iPads und Laptops könnten zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine ernstzunehmende Konkurrenz für das klassische Buch in Hochschulen darstellen. Einerseits aufgrund deren enormer Speicherkapazität, die es ermöglicht, zahlreiche Bücher und Texte bequem mit sich herumzutragen, andererseits aufgrund der Bildschirmgröße, mit der die meisten Smartphones und Handys nicht mithalten können. Zu klein sind hier meist die Dis-plays, als dass Bilder und Illustrationen vermittelt und komplette Texte in angemessener Weise dargestellt werden könnten (Kuszpa, 2005, S. 66). Die Lektüre selbiger aber ist unab-dingbar, um tiefere Zusammenhänge zu begreifen und wichtige Details und Hintergrundin-formationen zu erhalten.
Dies sehen auch die befragten Studierenden der Universität Augsburg so. Zwei Drittel der Probanden, unabhängig von Geschlecht und Studiengang, sind der Meinung, dass das uni-versitäre Lernen mit mobilen Endgeräten sinnvoll ist. Mehrheitlich können sie sich auch vor-stellen, in Zukunft verstärkt damit zu lernen. Alle 20 befragten Teilnehmer sind sich jedoch darin einig, dass das Lernen mit mobilen Geräten das klassische Lehr-Lernkonzept mit Prä-senzsitzungen und Büchern (noch) nicht ersetzen kann. Den persönlichen Kontakt zu Do-zenten und Dozentinnen, zu Kommilitonen und Kommilitoninnen zu pflegen und sich Wissen durch konventionelle Lektüre anzueignen, um Tiefe, Komplexität und Zusammenhang nicht aus den Augen zu verlieren, ist ihnen viel zu wichtig.
Zur Wiederholung und Abfrage bereits erworbenen Wissens und der Überbrückung kurzer Leer- und Wartezeiten ist das neue Konzept aber bereits einsetzbar. Auch hier sind jedoch Verbesserungen im Soft- und Hardwarebereich nötig, um einer breiten Masse effektive und sinnvoll strukturierte Programme verfügbar zu machen (Kuszpa, 2005, S. 69 f.). Nicht zuletzt ist auch eine planvolle Einführung an Hochschulen und Überzeugung der Lehrkräfte notwen-dig, um dem Buch seine Vormachtstellung im Bildungsbereich streitig zu machen.
Bis auf weiteres darf selbiges also erst einmal den Alltag der Studierenden begleiten. Noch muss es sein Dasein nicht im Glaskasten eines Museums fristen. Was die Zukunft bringt, bleibt abzuwarten. Vielleicht wird man doch irgendwann das Murmeln eines Kindes verneh-men: Was kann da schon drinstehen, in so einem Buch. (Kaschnitz, 1982, S. 110)