Hallermayer, M. & Jocher-Wiltschka, C. (2009). Vom Wunsch zur Wirklichkeit. Wissensaustausch von Studierenden und seine Potenziale am Beispiel der Augsburger Initiative w.e.b.Square. w.e.b.Square, 5/2009. URL: http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2009-05/6.
w.e.b.Square ist eine wissenschaftliche Online-Zeitschrift des Instituts für Medien und Bildungstechnologie und verfolgt das Ziel, die Kompetenzentwicklung von Studierenden über systematischen Wissensaustausch voranzutreiben. Die Studierenden als Zielgruppe werden in verschiedenen Rollen berücksichtigt: In der Rolle als Autoren lernen sie, wie man Wissen für andere aufbereitet. Dabei werden herausragende Abschlussarbeiten, aber auch eigens für w.e.b.Square verfasste Beiträge publiziert. In der Rolle als Leser lernen sie Best und Good Practices sowie Kriterien und Standards durch Beispiele kennen - eine wichtige Voraussetzung für studiengangkonformes Self-Assessment.
Das Onlineangebot befasst sich inhaltlich bisher hauptsächlich mit Themenbereichen des Studiengangs „Medien und Kommunikation". Eine Bedarfsanalyse soll nun klären, ob Studierende Interesse an wissenschaftlichen Arbeiten ihrer Kommilitonen haben, bereit sind, eigene Arbeiten online zur Verfügung zu stellen und über die geforderten Studienleistungen hinaus wissenschaftliche Artikel zu verfassen. Besteht Interesse an der Verbreitung des Angebots, müssen sowohl das Redaktionsteam als auch Verantwortliche an der Universität Augsburg über eine Ausweitung diskutieren.
Zufallsstichprobe als Ausgangspunkt der w.e.b.Square-Bedarfsanalyse
Für die Bedarfsanalye wurde eine Zufallsstichprobe von 89 Studierenden herangezogen, die einen Fragebogen ausgefüllt haben. Die Befragten befinden sich zwischen dem ersten und 13. Fachsemester und studieren an verschiedenen Fakultäten der Universität Augsburg. Die Meisten befinden sich beim Zeitpunkt der Befragung im 4. Fachsemester. Insgesamt streben die befragten Studierenden unterschiedliche höchste Bildungsabschlüsse an. Im Einzelnen will fast die Hälfte aller Umfrage-Teilnehmer als höchsten Bildungsabschluss den Master erreichen, gefolgt von Staatsexamen, Diplom und Bachelor. Doktor, Magister und Professor spielten eine untergeordnete Rolle bei der Umfrage.
Die meisten Befragten sind 22 Jahre alt. Die eine Hälfte der Befragten ist männlich, die andere weiblich. 40 Befragte besuchen Veranstaltungen im Rahmen des Medien und Kommunikation Studiengangs (MuK) an der Uni Augsburg, sodass von einem erhöhten Bekanntheitsgrad der Initiative w.e.b.Square auszugehen ist. So kennen bereits 35 Befragte die wissenschaftliche Online-Zeitschrift w.e.b.Square. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Studierende, die auch Veranstaltungen des MuK-Studiengangs besuchen.
Zentrale Ergebnisse der w.e.b.Square-Bedarfsanalyse
Die Evaluation ist im Kontext der Produktion von wissenschaftlichen Arbeiten angesiedelt. Daher wird zunächst geprüft, inwiefern die Studierenden bereits damit in Berührung gekommen sind und somit eine genauere Vorstellung haben, was sie darunter verstehen.
71 der 89 Befragten haben bereits schriftliche Hausarbeiten verfasst. Über die Hälfte hat eine Facharbeit geschrieben und 38 Studierende können Erfahrungen mit dem Erstellen von Projektberichten vorweisen. Nur zwei Befragte haben noch keine wissenschaftliche Arbeit verfasst.
Hilfe beim Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten holen sich die Meisten aus dem Internet (80 von 89), dicht gefolgt von der Bibliothek, bei der 77 Studierende sich der Literatur bedienen. 57 fragen bei Kommilitonen nach und immerhin 51 Befragte wenden sich an ihren Betreuer. Genau die Hälfte der Befragten wendet sich an Freunde und Bekannte. Der Rat anderer Dozenten, Onlineplattformen zum Thema sowie Projekte wie i-literacy werden dieser Erhebung zufolge fast gar nicht genutzt.
Abbildung 1: Interesse am Abruf studentischer Arbeiten
Bei 59 von 89 Befragten besteht ein uneingeschränktes Interesse, herausragende Arbeiten anderer Studierender online abrufen zu können. Dazu kommen weitere 27 Personen, die nur Interesse daran haben, wenn die Arbeiten mit dem eigenen Studienschwerpunkt zusammenhängen. Insgesamt sind somit fast alle Befragten dafür, beispielhafte Arbeiten von Studierenden im Internet abrufen zu können. Nur für drei Studierende käme dieses Angebot nicht in Frage. Besonders wichtig für die Befürworter ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sie Arbeiten anderer Studierender als nützlich erachten, weil sie selbst dadurch thematische Anregungen bekommen (63 von 86). Die Vorbildfunktion hinsichtlich der Struktur und des Aufbaus wissenschaftlicher Arbeiten ist für 65 Befragte ebenfalls wichtig. Sich durch die Arbeiten über Literatur zu einem bestimmten Thema informieren zu können, ist für 58 Personen ein Motiv für den Abruf studentischer Publikationen. Aussagen wie „Arbeiten andere Studierender sind für mich nützlich, weil ich erfahren kann, worauf Dozenten besonderen Wert legen" oder „weil ich mich über wissenschaftliche Themen außerhalb meines Fachgebietes informieren kann" fallen bei der Befragung erfreulicherweise nicht ins Gewicht (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Motive für den Abruf studentischer Arbeiten
Fast alle Studierenden würden ihre wissenschaftlichen Arbeiten anderen online verfügbar machen.
Die Befragten können sich vorstellen, eigene wissenschaftliche Arbeiten anderen Studierenden zugänglich zu machen. 40 Studierende würden dies auf jeden Fall machen, 47 würden es vielleicht machen. Nur zwei Personen würden überhaupt keine Arbeiten anderen zugänglich machen.
Die Hälfte der Studierenden kann sich auch vorstellen, zusätzlich zu den verlangten Studienleistungen eigene wissenschaftliche Beiträge zu schreiben. Die Bereitschaft, neben Seminararbeiten etc. noch eigene wissenschaftliche Artikel zu verfassen, ist bei über der Hälfte der Studierenden gegeben. 24 Befragte können es sich ganz und 25 Studierende eher vorstellen. Eindeutiger ist das Ergebnis, ob diese verfassten wissenschaftlichen Beiträge dann auch online frei verfügbar sein sollen: 78 von 89 Befragten sind für die Beiträge im Internet. Hinsichtlich des Geschlechts, der Fakultät, steigenden Fachsemesterzahl oder „Zwischenstopp" zwischen Schule und Studium konnte kein Einfluss auf den zu untersuchenden Bedarf festgestellt werden.
Schlussfolgerungen für w.e.b.Square und vergleichbare Initiativen
Der Wunsch, wissenschaftliche Arbeiten von anderen Studierenden online abrufen zu können, aber auch selbst im Internet zu veröffentlichen, wird von dem Großteil der Befragten geäußert. Somit trifft eine Erweiterung des Projekts w.e.b.Square die Ansprüche der Studierenden sowohl innerhalb als auch außerhalb des MuK-Studiengangs zu.
Eine Erweiterung des Projekts w.e.b.Square trifft somit die Ansprüche der Studierenden sowohl innerhalb als auch außerhalb des MuK-Studiengangs zu. Als erste Ansatzpunkte könnten zunächst MuK-nahe Fächer wie Psychologie, Informatik oder Soziologie angedacht werden. Bisher allerdings ist w.e.b.Square eine freiwillige Projektarbeit von Studierenden für Studierende. Bei einer angedachten Erweiterung wären eventuell „echte" Ressourcen nötig, um die anfallende Mehrarbeit abdecken zu können. Um auch inhaltliche Kompetenzen anderer Fachbereiche redaktionell abdecken zu können, ist der Einsatz von studentischen Mentoren sinnvoll, die bei der Auswahl, Bewertung und Optimierung der Beiträge unterstützen. Solch ein Modell hat sich im Rahmen des MuK-Studiengangs bewährt. Die Mentoren können als studentische Mitarbeiter oder ihm Rahmen des Begleitstudiums, welches nun auch außerhalb des MuK-Studiengangs verfügbar ist, klar eingebunden und etabliert werden.
Für die breitere Beteiligung der Studierenden ist zu berücksichtigen, dass diese in der Regel außerhalb der Seminarumgebung kaum ein Interesse an einer konstante Mitarbeit in Projekten haben. Daher müsste neben der Mentoren-Strategie auch Beteiligungsmodelle geschaffen werden, die der Lebenswelt von Studierenden entgegen kommt, wie es zum Beispiel bereits mit der Einbettung von w.e.b.Square im Begleitstudium der Fall ist. Eine weitere Möglichkeit der Einbettung von wissenschaftlichem Publizieren kann darin bestehen, das w.e.b.Square auch in anderen Fachbereichen mit Seminaren zu verknüpfen. Am Institut für Medien und Bildungstechnologie wird dies bereits praktiziert. Solch eine curriculare Einbindung kann auch durch die Veröffentlichungen guter Seminararbeiten geschehen. Im Muk-Studiengang werden hervorragende Abschlussarbeiten auf der Plattform präsentiert, was sicherlich auch für andere Fächer eine Möglichkeit darstellt.
Für eine erfolgreiche und nachhaltige Erweiterung der der dargestellten Idee, ist eine solide Grundstruktur eines Projekts wie w.e.b.Square grundlegend. Am IMB wird Projektarbeit über das Begleitstudium curricular eingebunden. Die Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlichen und studentischen Mitarbeitern sowie Seminarteilnehmern hat sich als Basis für ein erfolgreiches Projekt herausgestellt. Das Institut kann mit dieser Expertise sowie einer passende Infrastruktur einen Baustein dazu liefern, dem aufgezeigten Bedarf der Studierenden Ausdruck zu verleihen. Die nächsten Schritte für eine Ausweitung von w.e.b.Square sind einerseits Kooperationsgespräche mit anderen Fachbereichen sowie andererseits der Ausbau der vorhandenen Arbeitsstruktur.