Dürnberger, H. (2011). Best of Abschlussarbeiten. Editorial. w.e.b.Square, 03/2011. URL: http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2011-03/1.
Das Verfassen einer Abschlussarbeit ist ein Prozess zwischen Chaos und Kosmos (Todd, Bannister & Clegg, 2004). Chaos erlebt jeder Studierende, wenn er vor der Frage steht, welches Thema bearbeitet werden soll, wie genau die Forschungsfrage zu formulieren ist, welche Theoriebausteine in die Arbeit kommen und welche Methoden auszuwählen sind, um das Forschungsproblem bestmöglich zu bearbeiten. Momente der Verwirrung und Orientierungslosigkeit stehen auf der Tagesordnung einer jeden Abschlussarbeit. Das liegt schon allein daran, dass vollkommen selbstorganisiert gelernt und gearbeitet werden muss. Die Abschlussarbeit bietet aber auch die Möglichkeit für „Kosmos", d.h. das typische Flow-Erlebnis, das einem das Gefühl gibt, etwas Großes zu schaffen, ein Themengebiet oder eine Theorie wirklich verstanden zu haben oder das erste Mal den Einsatz einer Methode oder Auswertungstechnik vollkommen durchblickt zu haben. Diese Momente, die motivieren können und einem den persönlichen Lernzuwachs aufzeigen, sind es, die das Verfassen einer Abschlussarbeit zu einer besonderen Erfahrung machen.
Der Weg zur fertigen Arbeit ist zweifelsohne von Hochs und Tiefs geprägt, jedoch gibt es Unterstützung von den verschiedensten Seiten: Die betreuenden Professoren und die wissenschaftlichen Mitarbeiter geben ihr Bestes, um die Studierenden nicht zu über- oder unterfordern und die Lernerfahrung so offen und damit so erfolgsversprechend wie möglich zu gestalten. Die anderen Schreiblinge leihen über dem gemeinsamen Kaffee ein offenes Ohr für die Herausforderungen des Tages - sei es das noch immer nicht eingetroffene Fernleihebuch, das man so dringend benötigt oder der Unmut über das langsame Vorankommen. Das Seminar für Abschlussarbeitskandidaten ist eine Möglichkeit, über die aktuellen Fragen und Probleme zu diskutieren oder Rückmeldung der Kommilitonen einzuholen. Plattformen wie i-literacy unterstützen dabei, dass die Arbeit auch wirklich den wissenschaftlichen Standards entspricht. Wenn man sich davon überzeugen möchte, dass es doch tatsächlich schon Leute vor einem geschafft haben, diese „Mörderaufgabe" zu bewältigen, kann man sich auf w.e.b.Square von verschiedenen sehr gelungenen Beispielen für Abschlussarbeiten inspirieren lassen.
Ein „Best of Abschlussarbeiten" gab es bereits in einer früheren w.e.b.Square-Ausgabe (Ausgabe 03/2010). Dieser Tradition folgend möchten wir mit der aktuellen Ausgabe Studierenden einen Einblick in die neuesten Abschlussarbeiten ermöglichen. Die ausgewählten Beispiele zeigen nicht nur die thematische Vielfalt an Abschlussarbeiten im Studiengang Medien und Kommunikation auf, sondern sind ebenso herausragende Orientierungspunkte, wenn es um Gestaltung, Aufbau, Argumentationslinie, Theoriearbeit, Methodenauswahl und -arbeit sowie Darstellung und Interpretation von Ergebnissen geht.
Die sechs herausragenden Abschlussarbeiten zeigen die verschiedensten Perspektiven auf das Themenfeld Medien und Kommunikation auf. So beschäftigt sich beispielsweise Christine Lorenz mit der Frage, wie und ob die Theorien, die viele im Studium erwerben, sich tatsächlich auch in der Praxis beobachten lassen. Sie beantwortet die Frage danach, wie sich PR-Theorien in der Praxis wiederspiegeln mithilfe einer genauen Beleuchtung verschiedener PR-Ansätze sowie mithilfe qualitativer Interviews. Jasmin Azaiz interessiert sich für Watchblogs und die Frage, wer denn nun besser effektive Medienkritik über kann - Watchblogs oder doch Medienseiten in überregionalen Qualitätszeitungen? Mithilfe einer vergleichenden Inhaltsanalyse versucht sie, diese Frage zu beantworten. Inhaltsanalytisch arbeitet auch Julija Perlova, um sich einer ganz anderen Fragestellung anzunähern. Sie analysiert Zeitungen Lettlands, das als europaskeptisches Land gilt, um herauszufinden, inwieweit sich eine europäische Identität in Lettland herausgebildet hat. Reich und berühmt werden - wer will das nicht! Populäre Castingshows machen es vor, das Tor zur Welt der Superstars scheint jedem offen zu stehen. Inwieweit beeinflussen diese Shows die Berufswünsche von Jugendlichen? Dieser Frage geht Luisa Boger in einer empirischen Studie nach und lehnt sich dabei an die Kultivierungsforschung an. Auch Romy Schönwetters Bachelorarbeit basiert auf der Theorie der Kultivierungsforschung. Sie beschäftigt sich jedoch mit dem interessanten Gegenstand der Doku-Soaps. Am Beispiel der Sendung „Frauentausch" untersucht sie experimentell die Auswirkungen der negativen Darstellung der „Unterschicht" auf die Denkweise der Rezipienten. Amrei Groß setzt sich in ihrer Bachelorarbeit mit den Chancen, die virtuelle Welten für die Aus- und Weiterbildung von Einsatzkräften im Katastrophenschutz bieten können, auseinander und nimmt dabei verschiedene Simulationen unter die Lupe - mit überraschenden Ergebnissen.
Todd, M., Bannister, P. & Clegg, S. (2004). Independent inquiry and the undergraduate dissertation: perceptions and experiences of final-year social science students. Assessment and Evaluation in Higher Education, 29 (3), 335-356.