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Wissensmanagement und E-Learning unter Bildungsperspektive
Ausgabe 2009 01

Ein Muss für das 21. Jahrhundert

Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation für das Informationszeitalter


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Der kompetente Umgang mit Informationen ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium. Es ist ein absolutes „Muss" für jeden, der sich im Labyrinth der Informationen nicht verwirren möchte, sondern  Informationen für die eigenen Lernziele nutzen will. Aber wie kompetent sind Jugendliche und junge Erwachsene im Umgang mit Informationen? An welchen Punkten stoßen Studierende auf Probleme? Wie können sie diese Schwierigkeiten überwinden? Um etwa Hindernisse im Studium zu vermeiden, werden Medien-und-Kommunikation-Studierende der Universität Augsburg Schritt für Schritt in die Geheimnisse des wissenschaftliches Arbeitens eingeweiht.

Wissen, wo das Wissen ist

„The next best thing to knowing something is knowing where to find it!" sagte der englische Schriftsteller und Literaturkritiker Samuel Johnson. Vor fast dreihundert Jahren schrieb er seine Werke mit Feder und Tinte und konnte sich kaum vorstellen, dass ein technologischer Wandel das Alltagsleben von Studierenden stark verändern wird: Laptop statt einen Schreibblog und Stift hat gewissermaßen zu einer digitalen Ära des Studentenlebens geführt. Das Problem besteht somit kaum noch darin, an Informationen zu kommen. Denn die Informationsmenge wächst sehr rasch. Die tägliche Erscheinung von neuen Büchern und die Möglichkeiten des World Wide Webs führten dazu, dass kein Mensch mehr fähig ist, alle ihm zugänglichen Informationen zu bearbeiten (Hochholzer & Wolff, S. 5). Im 21. Jahrhundert fehlt es Studierenden daher an Fähigkeiten, mit der Ressource Information in zahlreichen und qualitativ unterschiedlichen Medien kompetent umzugehen.

Wandel vom Konsumenten zum Produzenten

Das Besondere an Internet und den Web-2.0-Technologien ist: Es ist nicht mehr notwendig, ein Schriftsteller zu sein, um eigene Beiträge zu publizieren. Heute kann jedermann zeit- und ortsunabhängig ein eigenes Blog führen oder sein Wissen in einem Wiki an breites Publikum streuen. Ergebnisse der durchgeführten Studien an der österreichischen Hochschulen zeigen zum Beispiel, dass fast 55 Prozent der Studierenden wöchentlich Wikis lesen, 7,3 Prozent der Studenten monatlich selbst in Wikis schreiben (Schulmeister, 2008, S. 103).

„Aktiv statt passiv" lautet das Motto für diejenige, die ihren eigenes Wissen und Fähigkeiten mit anderen teilen möchten. Für viele Studierende ist die Nutzung von digitalen Informationen für das Studium schon Alltag geworden. "So komme ich am schnellsten zu aktuellen Informationen. Außerdem ist es viel einfacher mit dem Laptop eine Recherche im Internet von Zuhause durchzuführen statt stundenlang in der Bibliothek zu suchen" - so oder ähnlich fallen Urteile über die Möglichkeiten des Internets aus, gerade wenn das Studium starken Medienbezug hat. Allerdings wissen Studierende auch, dass zu vielen Themen unzählbare Beiträge in print- und digitalen Medien zur Verfügung stehen. Es gilt, frühzeitig einen Überblick über Angebote und deren Qualität zu erlangen sowie auf Probleme bei der Verwendung aufmerksam gemacht zu werden. Das hilft bei einer unfassbaren Menge an Informationen nicht zu erschrecken, sondern das Ziel vor Augen zu halten.

Die Tendenz der letzten Jahrzehnte zeigt, dass die Nutzer ihre passive Rolle als Konsumenten verlassen, um selbst im Prozess der Wissensgenerierung mitzuwirken. Früher konnte der Nutzer ihm verfügbare Information nur weiterverwenden, heute kann er selbst die Wissensinhalte eigenständig produzieren und publizieren (Sporer & Jenert, 2008, S. 39). In den letzten Jahren hat sich das Verhältnis zwischen dem Nutzer und von ihm genutzten Informationssystemen stark gewandelt (vgl. Hapke, 2007, S. 2). Der Nutzer nicht nur nutzt das Informationssystem, um an die Informationen zu kommen. Er verändert das System, weil er  es mit neuen Wissensinhalten ergänzt.

Die neuen Möglichkeiten der Wissensproduktion in Word Wide Web wurden auch von der Bildungsinstitutionen wie Universitäten entdeckt. So entstand die Idee, die frei verfügbare Publikationen, Artikel, Aufsätze u.a. Wissen zu verwenden, um neue Beiträge zu schreiben. Offenes Lernen ist ein Beispiel dafür, wie die Studierende ihr Wissen sinnvoll einsetzen und im Prozess der Wissenserzeugung selbst mitwirken können. In diesem Prozess lernen sie die bestehende, frei verfügbare Wissensinhalte zu nutzen, eigene Beiträge zu erzeugen und lassen sie weiter zu verwenden (Sporer & Jenert, 2008, S. 40). Die Grenzen zwischen Schreibenden und Lesenden verschwinden. Auch dann, wenn es nur ein kleiner Teil der Internet- Nutzer selbst die Artikel verfassen (Schulmeister, 2008, S. 106), können die Informationskonsumenten sich jederzeit in den Informationsproduzenten wandeln. Dazu gehört jeder, der im Internet durch Kommentare oder Diskussionsbeiträge mit anderen kommuniziert (ebd., S. 118).

Mit Informationskompetenz Flut an Informationen bewältigen

Um sich in dem „Informationsmeer" nicht zu verlieren, ist in USA noch in der 1970er Jahren ein neues Konzept der Informationskompetenz (engl. „information literacy") entstanden.  Darunter versteht man durch Erfahrungen gewonnenes Verständnis (Hapke, 2007, S. 4), wie man auf Informationen kommt, die relevante Informationen aussortiert und sie kritisch bewertet. Studierende müssen etwa lernen, wie man Fragen zu einem Problem richtig stellt, herausfinden, wo sie nach möglichen Antworten suchen können und auswählen, welche von der gefundenen Informationen für ihre Fragestellung relevant seien. Diese Fähigkeiten müssen zunächst erworben werden, um schließlich informationskompetent zu sein.

Durch digitale Technologien und das Internet ergeben sich für die Nutzer auch neue Möglichkeiten der Recherche. Gleichzeitig entstehen die neue Anforderungen an der Nutzer, fähig zu sein, die Information unterschiedlicher Art zu suchen, zu finden, zu bewerten und weiter zu verwenden. Den Studierenden fehlen diese Fähigkeiten oft, wenn sie mit dem Studium beginnen. Die Kompetenzen steigen erst im Umgang mit Wissen und Informationen mit zunehmendem Fachsemester (vgl. Heinze, 2008).
Obwohl über 90 Prozent der Studierenden ihre Fähigkeiten in der Internetrecherche als sehr gut oder gut eingeschätzt haben, konnten nur 40 Prozent der befragten Studierenden an der Universität Augsburg die Aufgaben zu Internetrecherche korrekt lösen (Heinze, Sporer & Jenert, 2008, S. 2). Obgleich die Studierenden im Umgang mit neuen Technologien sehr vertraut sind und hauptsächlich nur das Internet für die Informationsrecherche benutzen, fehlen ihnen die Fähigkeiten mit der Informationsflut kompetent umzugehen (ebd.). Ein weiteres Problem ist, dass der Großteil der Studierenden ihre Informationskompetenz höher einschätzen als sie tatsächlich ist (Heinze, 2008, S.24).

Die Ergebnisse der Umfrage an der Universität Augsburg zeigen auch, dass die meisten Studierenden nur die einfachsten Recherchemethoden in ihren Studium anwenden, z.B.  Suchmaschinen, vor allem Google, oder auf Online-Bibliothekskataloge zurückgreifen (Heinze & Fink, in Druck). Informationssysteme wie Fachdatenbanken oder wissenschaftliche Suchmaschinen sind der Mehrheit der Studierenden unbekannt. Außerdem erscheint das digitale Informationsangebot für mehr als einem Drittel der Befragten schlecht überschaubar oder unstrukturiert. Den Studierenden fällt es zudem sehr schwer, die Qualität der Informationen nach wissenschaftlichen Kriterien einzuschätzen (vgl. Hochholzer & Wolf, 2006, S. 6), was letztlich auf mangelnde Informationskompetenz zurückzuführen ist (Heinze & Fink, in Druck).

Step by Step: Förderung von Informationskompetenz an der Universität Augsburg

Damit die Studierenden die Fähigkeiten im Umgang mit Wissen und Informationen erwerben können, wurde an der Universität Augsburg ein Projekt zur Förderung von Informationskompetenz entwickelt. Das Ziel des Projektes „i-literacy"1 ist, seit September 2007 die Informationskompetenz im Rahmen des wissenschaftlichen Arbeitens an die Studierende zu vermitteln (Heinze & Schnurr, 2008, S. 7). Das Projekt soll den Studierenden eine schrittweise Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten geben und ihre Fähigkeiten im Bereich Informationskompetenz im Laufe des Studiums verbessern. Die Informationskompetenz wird als Lernziel angesehen, welches jeder Absolvent eines Hochschulstudiums erfüllen soll, um ihren Studium erfolgreich abzuschliessen (Heinze, Sporer & Jenert, 2008, S. 2) und später im Arbeitsmarkt den Wettbewerb bestehen zu können (Hapke, 2007, S. 5). Die Informationskompetenz spielt eine wichtige Rolle sowohl in der Ausbildung als auch im späteren Berufsleben (Heinze & Schurr, 2008, S. 14).

An der Universität Augsburg werden drei Möglichkeiten angeboten, um Informationskompetenz zu fördern, die zunächst testweise im Studiengang „Medien und Kommunikation" eingesetzt werden (ebd., S. 8). Die erste Möglichkeit ist, eine Online-Plattform für das Selbstlernen zu nutzen. Die Lernmaterialien sind dafür jederzeit im Internet verfügbar. Die zweite Möglichkeit ist, Lehrveranstaltungen zu besuchen, die von Professoren oder Doktoranden für Studienanfänger und Abschlusskandidaten geleitet werden. In diesen Veranstaltungen können die Studierende ihre Informationskompetenz in praktischen Aufgaben anwenden. Die dritte Möglichkeit ist, an Tutorien teilzunehmen, die von Studierenden aus höheren Semestern organisiert werden. Die Workshops sowie ergänzende individuelle Sprechstunden sind eine Option für Studierende aus niedrigeren Semestern, die das Wissen und Fähigkeiten der Informationskompetenz aneignen möchten. Die Tutoren sind bereit, die hilfesuchende Studierende zu unterstützen und zu helfen, ihre Fähigkeiten zu verbessern. Gleichzeitig vertiefen die Studierende der höherer Semester ihr eigenes Wissen, weil sie sich mit Inhalten zu den verschiedenen Themen verstärkt auseinandersetzen müssen (vgl. ebd.).

Allerdings ist das Projekt „i-literacy" nicht die einzige Lösung, wie man die Informationskompetenz an der Universität fördern kann. So gehört es etwa zum Aufgabenfeld eines Bibliothekars, Studierenden zu helfen, an die notwendige Information in gedruckten und digitalen Form zu kommen, es richtig auszusortieren und zu bewerten (Hapke, 2007, S. 1). Trotzdem haben fast die Hälfte der befragten Studierenden an der Universität Augsburg die Dienste der Bibliothek noch nie genutzt (Heinze, 2008, S. 22). Es scheint, dass der Besuch einer Bibliothek weniger attraktiv für Studierende als das Internet ist.  

Der Schlüssel zum Erfolg

Durch die technologische Entwicklung und die wachsende Bedeutung von Informationen ist die Informationskompetenz im 21. Jahrhundert eine Schlüsselkompetenz geworden. Wie nie zuvor ist es wichtig, diese Kompetenz zu erwerben und entwickeln, um mit der schnell expandierten Ressource Informationen effektiv und effizient umgehen zu können (vgl. Heinze & Fink, in Druck). Wer die Fähigkeit mitbringt, an notwendige Informationen zu kommen, sie kritisch zu bewerten und anzuwenden, hat einen klaren Vorteil in Studium und Beruf. Nicht zuletzt deshalb ist wichtig, die Vermittlung von Informationskompetenz in die Ausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu integrieren, wie es beispielsweise an der Universität Augsburg mit dem Projekt „i-literacy" umgesetzt wurde. Man kann natürlich nie alles wissen. Aber der Schlüssel zum Erfolg ist zu wissen, wo die notwendigen Informationen zu finden und anzuwenden sind.


  1. Siehe URL: http://e-literacy.de/joomla/ (16.01.2009).

Literatur
  • Hapke, T. (2007). Informationskompetenz 2.0 un das Verschwinden des „Nutzers". In: Bibliothek Forschung und Praxis (S. 137-149). Band 31, Heft 2. URL: http://doku.b.tu-harburg.de/vo... (16.01.2009).
  • Heinze, N. (2008). Bedarfsanalyse für das Projekt i-literacy: Empirische Untersuchung der Informationskompetenz der Studierenden der Universität Augsburg. Arbeitsbericht 19. Augsburg:Universität Augsburg, Institut für Medien und Bildungstechnologie. URL: http://imb-uniaugsburg.de/file... (16.01.2009).
  • Heinze, N., Fink, J. (in Druck). Informationskompetenz: mehr als die Nutzung von Informationen. Defizite, Bedeutung und Foerderung von Informationskompetenz im Hochschulstudium. Proceedings ISI 2009 - 11. Internationales Symposium für Informationswissenschaft. Konstanz.
  • Heinze, N. & Schnurr, J.M. (2008). Informationskompetenz als Baustein für lebenslanges Lernen. In: Perspektiven des lebenslangen Lernens - Dynamische Bildungsnetzwerke, Geschäftsmodelle, Trends. Hannover: Springer / Physica. URL: http://www.imb-uni-augsburg.de... (16.01.2009).
  • Heinze, N., Sporer, T. & Jenert, T. (2008). Projekt i-literacy: Modell zur Förderung von Informationskompetenz im Verlauf des Hochschulstudiums. In S. Zauchner, P. Baumgartner, E. Blaschitz & A. Weissenbäck (Hrsg.), Offener Bildungsraum Hochschule - Freiheiten und Notwendigkeiten (S. 83-92). Band 48. Münster: Waxmann. URL: http://www.waxmann.com/kat/inh... (16.01.2009).
  • Hochholzer, R. & Wolff, C. (2006). Informationskompetenz - status quo und Desiderate für die Forschung. URL: http://www.opus-bayern.de/uni- regensburg/volltexte/2006/747/ (16.01.2009).
  • Schulmeister, R. (2008). Gibt es eine „Net Generation"? Version 2.0. Hamburg: Universität Hamburg, Zentrum für Hochschul- und Weiterbildung. URL: http://www.zhw.unihamburg.de/u... (16.01.2009).
  • Sporer, T., Jenert, T. (2008). Open Education: Partizipative Lernkultur als Herausforderung und Chance für offene Bildungsinitiativen an Hochuschule. In S. Zauchner, P. Baumgartner, E. Blaschitz & A. Weissenbäck (Hrsg.), Offener Bildungsraum Hochschule - Freiheiten und Notwendigkeiten (S. 28-38). Band 48. Münster: Waxmann. URL: http://www.waxmann.com/kat/inh... (16.01.2009).

Perlova, Julija (2009). Ein Muss für das 21. Jahrhundert. Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation für das Informationszeitalter. w.e.b.Square. 01/2009. URL: http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2009-01/4

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