Krämer, M., Mühlich, I. & Vehar, J. (2011). Web 2.0 Coaching für Eltern. „Was macht mein Kind im Internet?". w.e.b.Square, 01/2011. URL: http://websquare.imb-uni-augsb...
In den letzten Jahren ist die alltägliche Nutzung und die Präsenz neuer Medien wie dem Web 2.0 vor allem bei Kindern und Jugendlichen stark angestiegen. Zum einen besitzen mehr und mehr Jugendliche einen eigenen Computer, zum anderen steigt die Versorgung mit Internetanschlüssen. Inzwischen haben 75 Prozent der deutschen Haushalte Internetzugang. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 waren es lediglich 46 Prozent der Haushalte. Aber nicht nur das hat sich verändert. Inzwischen besitzen ca. 80 Prozent der Jugendlichen einen eigenen Computer, über die Hälfte davon einen eigenen Internetzugang. Der Zugang zu neuen Medien, wie dem Web 2.0, wurde in den letzten Jahren vereinfacht und stellt somit ein neues Feld mit vielen Herausforderungen dar, vor allem in Bezug auf die Medienpädagogik.
1.Medienpädagogische Relevanz von Elterncoaching
1.1 Einleitung
In der JIM-Studie 2010 („Jugend Information (Multi-) Media")1 wurden Jugendliche im Alter von 12-19 Jahren zu ihrer Mediennutzung befragt. Laut den aktuellen Ergebnissen nutzen inzwischen 91 Prozent der Befragten das Internet täglich oder mehrmals die Woche. Die Hälfte dieser Zeit wird für Kommunikation jeglicher Art aufgewendet, danach folgen Musik und Videos im Netz. Die Kommunikation hat sich durch das Web 2.0 beträchtlich verändert und spielt bei den Jugendlichen eine herausragende Rolle. Hier stehen sogenannte Social Networks an der Spitze der Aktivitäten im Internet, 70 Prozent der Befragten nutzen diese Form der Verständigung täglich oder mehrmals pro Woche. Vor zwei Jahren lag diese Zahl bei ca. 54 Prozent. Es ist demnach ein klarer Anstieg zu verzeichnen. Weitere Internetaktivitäten in diesem Bereich sind, trotz des rasanten Anstiegs von Social Networks, durch Instant Messenger sowie E-Mails und Chatrooms zu verzeichnen. Aber die Jugendlichen scheinen im Web 2.0 nicht nur zu konsumieren, sie produzieren auch. Sie schreiben in Foren (Facebook, schülerVZ), stellen eigene Videos oder Fotos online (YouTube) oder auch eigene Musik ins Netz (MySpace). Die Studie zeigt, dass sich viele Jugendliche jeden Tag im Netz bewegen (63 Prozent), 27 Prozent nutzen das Internet zumindest mehrmals pro Woche. Genutzt wird das Web zur Unterhaltung oder zur Information. Oft besitzen Kinder und Jugendliche einen eigenen Computer mit Internetzugang, bewegen sich allein in der virtuellen Welt und entscheiden selbst, wie sie das Web nutzen.
1.2 Kinder und Jugendliche im Netz
Kinder und Jugendliche positionieren, kommunizieren und orientieren sich in dieser virtuellen Welt (vgl. Schorb 2010) und entwickeln dadurch einen Teil ihrer Persönlichkeit. Aufgrund der ständigen Präsenz der Neuen Medien spielen diese inzwischen eine entscheidende Rolle in der Identitätsbildung von Kindern und Jugendlichen, da Medien - neben Familie, Schule und den Peergroups - eine wichtige Sozialisationsinstanz darstellen. Laut Schorb haben die klassischen Sozialisationsinstanzen im Vergleich zu den Medien sogar an Gewicht verloren, da diese keine klaren Orientierungsmuster mehr geben können. Er spricht von einem Bedeutungsverlust dieser Instanzen und dem Verlust traditioneller Orientierungsquellen. Der Jugendliche muss dennoch seine Persönlichkeit in diesem Netz von Sozialisationsinstanzen ausbilden, um mit den unterschiedlichen Anforderungen der Gesellschaft umgehen und diese bewältigen zu können.
„Hier erhalten Medien eine im wörtlichen Sinne hervorragende Bedeutung. Sie bilden nicht nur das ‚moderne‘ Leben in seiner Vielfalt ab, sondern zeigen mehr noch exemplarisch Lebenssituationen und Lebensentwürfe. (...) Medien sind zur primären gesellschaftlichen Orientierungsquelle geworden. (...) Sie beeinflussen die Jugendlichen in ihrer Identitätsbildung direkt durch die Modelle, die sie ihnen in verschiedenster Form und an unterschiedlichsten medialen Orten anbieten." (Schorb 2010, S.126)
Medienwelten spielen demnach eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Persönlichkeit, besonders durch das große Angebot an Orientierungshilfen.
1.3 Probleme und Lösungsstrategien
Ein Problem all dieser Angebote liegt allerdings in der mangelnden Klarheit. Schorb zufolge stehen die Angebote in keinem Bezug zueinander und scheinen sich häufig zu widersprechen. Wenn Jugendliche sich mit Hilfe der Medien auf die Suche nach Orientierungsmustern für verschiedene Lebensbereiche begeben, müssen sie aus einer Fülle von Angeboten auswählen, abwägen, einordnen und bewerten. Sich mit den Inhalten der Medienwelt auseinander zu setzen ist eine schwierige Aufgabe für einen Jugendlichen. Zudem bieten die neuen Medien einerseits diese unterschiedlichen Orientierungsmodelle, andererseits stellen sie jedoch auch eine unsichere und widersprüchliche Quelle dar. Es bleibt die Frage, ob ein Jugendlicher dieses Problem alleine bewältigen kann oder ob er auf Hilfestellung von außen angewiesen ist. Ein Alleinlassen der Jugendlichen könne zu einer Desorientierung führen und für die Entwicklung der eigenständigen Identität schädlich sein (vgl. ebd. S.128).
Eine Lösung für dieses Problem könnte der Jugendmedienschutz bieten. 2003 ist der Staatsvertrag JMStV2 zum Jugendmedienschutz in Kraft getreten, der allgemeine und spezielle Vorschriften für den Bereich der Medien festschreibt, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Dieser Vertrag betrifft sowohl Radio, Fernsehen, Kino wie auch Internet und Spiele und verpflichtet die Produzenten, Kinder und Jugendliche von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten fernzuhalten und solche Angebote zu kennzeichnen. Nicht geeignete Angebote und entsprechende Seiten im Netz sollen gefiltert werden - ganz so, wie Filme und Spiele mit einem Alterskennzeichen versehen werden (von Einrichtungen wie FSK, FSF, USK), um die Kinder und Jugendlichen zu schützen und Eltern eine Hilfestellung in Bezug auf die Mediennutzung ihrer Kinder zu geben. Dieses Gesetz ist ein Anfang, die Identitätsentwicklung von Jugendlichen in Bezug auf die Sozialisationsinstanz Medien zu beeinflussen. Kinder und Jugendliche sollen mit den Inhalten nicht überfordert werden, sondern mit alters- und entwicklungsgerechten Inhalten umgehen können. Zusätzlich unterstützen verschiedene Einrichtungen dieses Gesetz zur Einhaltung des Jugendschutzes im Internet. Allerdings scheint diese Aufgabe wie auch die Durchsetzung des JMStV sehr umfangreich und schwer zu bewältigen. Das Gesetz weist immer noch Lücken auf, die den Jugendmedienschutz erschweren, vor allem im Internet. Es ist daher aufgrund der hohen Nutzungszahlen vonnöten, Kinder und Jugendliche wie auch deren Eltern für neue Medien und das Web 2.0 zu sensibilisieren, um selbst auf eventuelle Gefahren reagieren und Angebote bewerten zu können.
Eine zweite zusätzliche Lösung sind daher medienpädagogische Ansätze zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in der Entwicklung von Medienkompetenz, wobei der verantwortungsvolle Umgang mit Medien im Vordergrund steht. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Fähigkeiten zu erwerben, mit den (Neuen) Medien analytisch reflexiv umzugehen, Medien aber auch bewusst auszuwählen, sich ihnen aktiv zu- oder sich von ihnen abzuwenden.
Diesem Punkt - der Förderung der Medienkompetenz - sollte demnach genauso viel Aufmerksamkeit zuteil werden wie dem Jugendmedienschutz. Medienkompetenz bezieht sich auf sechs verschiedene Dimensionen (vgl. Aufenanger 1999, S.25).
Die ersten beiden Dimensionen der Medienkompetenz sind die kognitive und die moralische Dimension. Erstere beschreibt Verstehen und Wissen über die Medien und deren Technik, während die moralische Dimension die Aspekte des verantwortungsvollen Umgangs und medienethische Fragen thematisiert.
Die dritte und vierte Dimension von Medienkompetenz umfassen zum einen die soziale und zum anderen die affektive Dimension. Die soziale Dimension greift verschiedene Aspekte wie die Veränderung von Kommunikation durch Medien oder auch politische Positionen auf. Die affektive hingegen stellt den Erlebnisfaktor dar, also alles, was mit der Technik der neuen Medien erlebt werden kann.
Die beiden letzten Dimensionen sind die ästhetische und die Handlungsdimension. Erstere bezieht sich auf den Wahrnehmungsaspekt in den Medien, die zweite stellt das kompetente Handeln mit allen Arten von Medien in den Mittelpunkt.
Es reicht nicht aus, sich allein mit der Technik auszukennen, es sollte auch eine moralische Grundlage geben, die dazu befähigt, verantwortungsvoll im virtuellen Raum handeln und kommunizieren können. Der Erlebnisaspekt sollte bei all den Debatten um Jugendmedienschutz nicht außer Acht gelassen werden. Medien bieten Chancen, aber auch Risiken und die Medienpädagogik ist in der Lage durch medienpädagogische Konzepte und Projekte die Kompetenz bei Kindern, Jugendlichen aber auch Eltern zu fördern.
Auch Schorb betont den Zusammenhang zwischen Medienwissen (Funktions-, Strukturwissen), Bewertungsschemata (kritische, ethische Reflexion) und Medienhandeln (Nutzung, Gestaltung, Partizipation):
„Medienkompetenz ist zusammengefasst die Fähigkeit, sich Medien anzueignen. Dies geschieht auf der Basis strukturierten, zusammenschauenden Wissens und einer ethisch fundierten Bewertung der medialen Erscheinungsformen wie Inhalte. Medienkompetent ist ein Mensch, der mit den Medien kritisch, genussvoll und reflexiv umzugehen weiß. Er kann sie nach eigenen inhaltlichen, ästhetischen Vorstellungen gestalten. Sein Medienhandeln ist sozial und kreativ. Das Ziel seines Handelns ist Partizipation an gesellschaftlicher Kommunikation und Interaktion." (Schorb 2010, S. 132)
Es geht folglich nicht darum, Kindern und Jugendlichen den Umgang mit Medien zu verbieten oder diesen einzuschränken. Medien sind eine wichtige Instanz für Identifikationsprozesse. Es geht vielmehr darum, Kinder und Jugendliche zu schulen, reflexiv mit diesem Orientierungsangebot umzugehen und nach ihrem Ermessen richtig bewerten zu lernen. Das Web 2.0 wird von Jugendlichen in einem solchen Maß genutzt, dass auf diese Entwicklung reagiert werden muss - mit passenden pädagogischen Konzepten.
1.4 Rolle der Eltern
Auch die Eltern sollten unterstützt werden, um ihnen Unsicherheiten zu nehmen, die entstehen können, weil ihre - mit der Technologie aufgewachsenen - Kinder sich im Gegensatz zu ihnen mit einem gewissen Selbstverständnis im Web bewegen.
Der Medienpädagogik und medienpädagogischen Projekten kommt bei diesem Thema eine besondere Bedeutung zu, hier wird Prävention betrieben. Das Web bietet viele Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche und ist großer Teil ihrer Lebenswelt, nicht nur in Bezug auf Identifikationsprozesse. Daher sollte man durch die Vermittlung von Medienkompetenz die Nutzung der Chancen hervorheben und fördern und Risiken vermeiden lernen.
Für viele Kinder gehört das Web 2.0 mit Anwendungen wie Facebook, schülerVZ, YouTube, Blogs, Wikis und Co. bereits zum Alltag. Der Begriff der „Digital Natives"3 macht deutlich, dass die Generation der Kinder mit digitalen Technologien, wie Computer, Internet, Handy etc. aufgewachsen ist und somit den Eltern, die häufig zu den sogenannten „Digital Immigrants" gehören und sich das Wissen und den Umgang mit neuen Technologien erst aneignen müssen, einige Schritte voraus sind. Das häufig in aktuellen Diskussionen auftretende sogenannte Web 2.0 beschreibt hier keine spezifische Software, sondern eine userzentrierte Internetkultur. Sie bietet Anwendungen, die kollaborativ und interaktiv genutzt werden können. Dies ist verbunden mit einer „Mitmach-Philosophie", welche aus dem passiven Nutzer auch einen aktiven Gestalter machen kann.
Die neuen Medien sind in den Alltag der Kinder integriert und prägen deren Sozialisation. Somit stehen die Eltern vor einer Herausforderung und kämpfen häufig mit Ängsten vor schädlichen Einflüssen, welche durch die Medien auf ihre Kinder einwirken könnten. An dieser Stelle ist es wichtig, Eltern eine professionelle Unterstützung zu bieten, sie über die Inhalte der neuen Technologien aufzuklären und ihnen eine Handlungskompetenz zu vermitteln, welche ihnen Sicherheit im Umgang mit der Mediennutzung ihrer Kinder gibt.
Dafür benötigen sie jedoch auch ein gewisses Maß an eigener Medienkompetenz, Offenheit und Sensibilität im Umgang mit den Medienthemen der Jugendlichen sowie Kenntnisse ihrer Medienwelt, um angemessen handeln zu können und ihre Bedürfnisse zu verstehen.
2. Projektidee
Im Verlauf unseres Projektes möchten wir die virtuellen Welten der Kinder beleuchten, indem wir die meist genutzten Communities vorstellen und teilweise gemeinsam anwenden. Dazu zählen Facebook, schülerVZ und YouTube. Die Eltern sollen im Sinne didaktischer Konzepte der Erwachsenenbildung in den Lehr-Lern-Prozess einbezogen werden und diesen aktiv mitgestalten. Daher möchten wir zunächst auf bisher gemachte Erfahrungen eingehen und individuelle Fragen und Unsicherheiten klären.
Die Einführung der o.g. Communities soll jeweils Risiken, aber auch Möglichkeiten der verschiedenen Anwendungen beinhalten. Nach einem theoretischen Input, welcher durch eine Präsentation veranschaulicht werden soll, möchten wir eine aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten anschließen. Somit möchten wir in unserem Projekt verschiedene Dimensionen verbinden, aus welchen sich nach Stefan Aufenanger Medienkompetenz zusammensetzt. Indem wir zunächst das Wissen über Inhalte sowie die technischen Komponenten vermitteln wollen, wird die kognitive Dimension angesprochen.
Anschließend möchten wir neben den Chancen und Möglichkeiten des Web 2.0 auch die Gefahren und Risiken aufzeigen, um somit einen verantwortungsvollen und reflektierten Umgang zu ermöglichen und dazu anzuregen, sich mit medienethischen Fragen bezüglich der Inhalte zu beschäftigen. Somit wäre auch eine moralische Dimension integriert. Über die affektive und ästhetische Dimension sollen sich die Eltern schließlich auch eine Handlungskompetenz aneignen, indem wir durch eigenes Ausprobieren und die praktische Anwendung die möglichen Tätigkeiten der eigenen Kinder im Internet erfahrbar und damit greifbar machen.
Näher beschäftigen möchten wir uns mit dem Social Network „Facebook". Die Vernetzung des Einzelnen in Communities zeigt sich grenzüberschreitend in jeder Hinsicht. Unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialem Status oder geografischer Herkunft kann jeder Teil einer Community werden. Die technischen Standards ermöglichen zudem die Kommunikation und Interaktion mit der Community von fast jedem Ort. In Deutschland nutzen 3.463.000 Menschen das Social Network „Facebook". Davon sind 11 Prozent zwischen 13 und 17 Jahren alt.
Des Weiteren sollen folgende Themen diskutiert und reflektiert werden:
• Erzieherische Maßnahmen zum sinnvollen Umgang mit dem Internet
• Persönlichkeitsrechte und Umgang mit sensiblen Daten
• Problematische Inhalte und Funktionen des Internets
• Möglichkeiten und Grenzen von Jugendschutz-Filtern
• Anlaufstellen, an die man sich wenden kann, wenn man jugendgefährdende Inhalte im Netz gefunden hat oder befürchtet, dass die Chat-Partner und Netzwerk-"Freunde" des Kindes gefährlich sein könnten
Das „Highlight" des Projekts soll ein selbst erstellter Beitrag in Form eines Handyvideos oder Podcasts sein, der von den Teilnehmer/innen in eine der vorgestellten Plattformen selbstständig eingestellt werden soll. Damit möchten wir besonders den praktischen Umgang mit den Möglichkeiten des Web 2.0 vertiefen und somit nachvollziehbar machen, aus welchem Grund die virtuelle Welt für Kinder eine solch anziehende und fesselnde Wirkung hat.
3. Projektziele
Zunächst geht es darum, Eltern für die Medienwelt ihrer Kinder zu sensibilisieren. Mit diesem Projekt möchten wir Einblicke in die virtuellen Lebenswelten der Kinder ermöglichen, die mit großer Selbstverständlichkeit Social Networks wie „Facebook", „SchülerVZ" etc. nutzen.
Laut Heinz Moser sind Eltern oft noch zu einer Zeit aufgewachsen, in der elektronische Medien weit weniger dominierten als heute. So würden oft auch Ängste und Befürchtungen auf die Medien projiziert, welche primär das eigene Unverständnis bzw. die Hilflosigkeit oder Abwehr gegenüber dem Strukturwandel der Informationsgesellschaft darstellten. „Demgegenüber sind die Kinder (...) als „early adopters" oft die eigentlichen Experten, welche an die neuen Medien mit viel größerer Unbefangenheit, Kompetenz und Gelassenheit herangehen." (Moser 2006, S.217)
Die Teilnehmer sollen sowohl Herausforderungen als auch Chancen digitaler Kulturen ernst nehmen. Somit ist ein Ziel, Ängste und Unsicherheiten zu nehmen, die Risiken, welche das „Mitmach-Internet" mit sich bringt, zu beleuchten, aber auch die Chancen und Möglichkeiten für die Kinder und die künftige Generation zu vermitteln.
Durch die Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz möchten wir Theorie und Praxis verknüpfen und die Eltern dazu befähigen und ermutigen, hier eigene neue Medienkompetenzen zu entwickeln, sodass sie sicher und verantwortungsvoll mit der Mediennutzung der Kinder umgehen können.
4. Projektplan
Das Projekt soll einen Monat lang einen Abend pro Woche jeweils zwei Stunden lang stattfinden, sodass auch für berufstätige Eltern die Möglichkeit einer Teilnahme besteht. Außerdem sollen die Sitzungen in einem EDV-Raum einer Schule durchgeführt werden, sodass jedem Teilnehmer ein PC zur Verfügung steht. Die Schule soll dabei als zentraler Kooperationspartner eine wichtige Rolle spielen, um die Zielgruppe zu erreichen.
Anschließend sollen die einzelnen Sitzungen näher erläutert werden:
1. Sitzung
• Wünsche und Erwartungen der Teilnehmer erfragen
• Vorhandene Kenntnisse zusammentragen
• Einführung ins Thema „Social Networks" mit Veranschaulichung durch zwei kurze Filmbeiträge:
1. Filmausschnitt „Digital Natives", um aufzuzeigen, wie Eltern mit der Mediennutzung ihrer Kinder umgehen; wie gehen Kinder mit Medien um
2. Filmbeitrag „Social Networks in plain english" (dient der Einführung)
• Chancen und Risiken von „Social Networks"
• Kurze Präsentation der meist genutzten Social Networks (Facebook, studi/schülerVZ, Wer-kennt-wen, MySpace, twitter)
• Abschluss (Raum für Fragen und Diskussion)
2. Sitzung
• Vorstellung der Community "Facebook" (Nutzerzahlen, Pro/Contra, aktuelle Debatte zu Datenschutz etc.)
• Facebookanmeldung - Teilnehmer/innen legen einen eigenen (Fake-)Account bzw. Gruppenaccount an und gründen eine eigene Gruppe
• Anwendungen, verschiedene Funktionen werden erklärt und können durch die Teilnehmer/innen (unter Anleitung) ausprobiert werden
• Abschluss (Raum für Fragen und Diskussion)
3. Sitzung
• Vorstellung von YouTube (Möglichkeiten und Gefahren)
• Abschlussaufgabe: Eigenes Medienprojekt
• Teilnehmer/innen sollen mit Hilfe der Workshopleitung in der Sitzung einen Beitrag (Bsp. kurzes Handy-Video, Podcast o.ä.) zu einem Thema nach Interesse erstellen und diesen auf einer der vorgestellten Plattformen einstellen
• Abschluss (Raum für Fragen und Diskussion)
4. Abschlusssitzung
• Präsentation der Projekte
• Weitere Themenfelder nach Interesse (Bspw. Onlineshopping, Chatprogramme, Onlinegames)
• Verweis auf Infoseiten für Eltern, Foren, etc. (jugendschutz.net, medien+bildung.com, lo-eltern.de, etc.)
• Abschluss (Reflexion, Diskussion, Fragen, Ausblick, Feedback)
Durch die praktische Beschäftigung mit den Inhalten von Web 2.0 möchten wir die Medienwelten der Kinder für die Teilnehmer/innen erfahrbar machen und sie somit für die Erfahrungen, die ihre Kinder machen, sensibilisieren.
5. Diskussion des Konzepts für die Praxis
Zunächst gilt es zu bedenken, dass die Zusammensetzung der potenziellen Teilnehmergruppe heterogen sein kann bezüglich ihrer Vorkenntnisse in der Medienwelt. Dementsprechend sollte die Gestaltung flexibel sein und die Inhalte gegebenenfalls angepasst werden. Es gibt also keinen strikten Plan, die Planung des Projekts soll den Eltern die Chance geben, ihre Bedürfnisse zu äußern und uns die nötige Zeit, um auf diese einzugehen. Der unterschiedliche Wissensstand der Teilnehmer/innen wird berücksichtigt, indem man die Gruppe ggf. in Anfänger und Fortgeschrittene teilt und entsprechende Aufgaben stellt.
Ein weiterer Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, ist, dass die Zielgruppe zu den sogenannten „Digital Immigrants" gehört, sie sind im Gegensatz zu ihren Kindern nicht in einer digitalisierten Welt aufgewachsen. Auf Grund dieser Diskrepanz entwickelt sich unter Umständen eine Abwehrhaltung gegenüber den Neuen Medien und deren Inhalten, welche sich in Form von Lernwiderständen auch in unserem Projekt zeigen könnte. Es gilt also zunächst durch eine leicht verständliche Einführung und praktische Übungen Ängste und Unsicherheiten zu nehmen, um diesem Abwehrverhalten entgegen zu wirken.
Auf eine Aufgabenstellung über die Präsenztermine hinaus soll bewusst verzichtet werden, um die zeitliche Alltagsbelastung der Zielgruppe zu berücksichtigen (Berufstätigkeit, Familie, Erziehung).
Womöglich stellt es ebenso eine Herausforderung dar, eine objektive Vorstellung der Inhalte verschiedener Anwendungen des Web 2.0 zu bieten, sodass man bezogen auf die eigene Medienaffinität weder eine zu positive und beschönigende Haltung gegenüber dem Medium vermittelt, noch eine, im Sinne der Bewahrpädagogik, zu negative Einstellung gegenüber der Mediennutzung der Kinder. Die Teilnehmenden sollten durch eine neutrale und kompetente Vermittlung der Wissensinhalte die Möglichkeit haben, eine eigene und reflektierte Haltung gegenüber den dargestellten Inhalten und Anwendungen zu entwickeln.
6. Reflexion der eigenen Rolle als Medienpädagoge/in und Projektleiter/in
In unserem Projekt soll ein medienpädagogischer Beitrag geleistet werden, um Eltern in Bezug auf die Lebenswelt ihrer Kinder handlungsfähiger zu machen. Die Lücke zwischen den beiden Generationen, die jeweils einen unterschiedlichen Bezug zu Medien haben, soll mit Hilfe unseres Projektes geschlossen werden. Eltern sollen die häufig fortgeschrittenen technischen Fähigkeiten ihrer Kinder schätzen lernen und somit auch ein voneinander lernen können in Betracht ziehen. Gleichzeitig wollen wir Eltern dazu befähigen einen reflektierten Umgang mit Medien vorleben und ihre Kinder im Umgang mit (heiklen) Medieninhalten unterstützen zu können.
Unsere Aufgabe in diesem Zusammenhang wird es sein, den genauen Fragestellungen der Gruppe nachzugehen und auch individuellen Fragen und Wünschen gerecht zu werden. Zudem leiten wir die Aufgaben zu den unterschiedlichen Tools an und berücksichtigen das jeweilige Vorwissen der Teilnehmer. Im Rahmen der kleinen, selbst erstellten Projekte werden wir Hilfestellung leisten in Bezug auf die Themenfindung wie auch die Technik und die Durchführung. Am Ende des Projektes wird es unsere Aufgabe sein, weiterführende Informationen (Internetseiten, Broschüren) in Bezug auf Jugendmedienschutz und sicheres Surfen weiterzugeben.
Wir möchten Eltern ihre Unsicherheiten nehmen und die Möglichkeiten aufzeigen, sich aktiv und kreativ im Web 2.0 zu bewegen. Als Medienpädagogen/innen gehört es zu unserer Aufgabe der Abwehrhaltung vieler Eltern entgegenzuwirken, indem wir Ihnen Möglichkeiten aufzeigen, den neuen Lebensraum ihrer Kinder zu akzeptieren.
1Seit 1998 eine Basisstudie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest zum Umgang mit Medien und Information. Für die JIM Studie werden jährlich 1000 Jugendliche im Alter von 12-19 Jahren telefonisch zu verschiedenen Bereichen wie Freizeit, Interessen, Medienbesitz sowie Mediennutzung befragt. Die erhobenen Daten sollen zur Erarbeitung von Strategien und neuen Ansätze für Konzepte in den Bereichen Bildung, Kultur und Arbeit dienen. Allgemeine Entwicklungen und Trends sollen abgebildet und dokumentiert werden, um aktuelle Medienentwicklungen aufgreifen zu können (vgl. auch KIM-Studie, Befragung von Kindern, 6-13 Jahre)
2Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien, kurz: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag/JMStV. Dieser Staatsvertrag zwischen allen deutschen Bundesländern bezweckt den einheitlichen Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in Rundfunk und Telemedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie den Schutz vor Angeboten, die die Menschenwürde oder geschützte Rechtsgüter verletzten
3Marc Prensky (2001): Digital Natives, Digital Immigrants. Prensky zufolge haben „Digital Immigrants" auch wenn sie sich gut an die Neuen Medien anpassen, immer einen kleinen Nachteil gegenüber den „Digital Natives", sozusagen einen „Akzent". Ihre Sozialisierung fand ohne einen so großen Einfluss des Internet in den Alltag statt.