Du und ich im Netz – alles glasklar!?
Zur Problematik des gläsernen Bürgers
Marc L. ist mittlerweile schon 30. Wie es wohl mit seinem Liebesleben steht? Immer noch der gleiche Typ Frau - kleine Brüste, lange Beine, kurze Haare? Hat er vielleicht gar seinen Job im Architektur-Büro aufgegeben und sich wieder seiner alten Leidenschaft gewidmet: dem Punk?
Wenn Journalist Raphael Meltz heute Details über Marc L.s Privatleben erfahren möchte, muss er ihn schon persönlich fragen. Ganz anders als noch vor einem Jahr, als Meltz, ohne Marc je getroffen zu haben, dessen Privatleben im französischen Magazin Le Tigre öffentlich machen konnte. Wie? Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte, was sagen dann 17 000 Bilder in weniger als zwei Jahren bei Flickr (Meltz, 2008, S. 36 f.)? Die zahlreichen Profile und Aktivitäten Marc L.s in sozialen Netzwerken wie Facebook taten ihr Übriges: Marc L. hatte sich, bewusst oder unbewusst, zum gläsernen Menschen gemacht. Details zu Marcs Leben, seiner Familie und seinen Ex-Freundinnen waren schon lange aller Welt zugänglich, doch in einer Reportage von Raphael Meltz so gnadenlos zusammengetragen schockte die Fülle an Informationen auch Marc L. „Ich habe sofort alle Angaben über mich im Internet gelöscht", sagte er einer französischen Tageszeitung. Nächtelang habe ihm der Bericht den Schlaf geraubt (Focus Online, 2009). War ihm etwa nicht klar, wie viel er im Netz über sich preisgab? Und auch wenn sich manch einer jetzt ein „Selber schuld..." zumindest in Gedanken nicht verkneifen kann, so muss man zu Marcs Verteidigung sagen: Er ist nicht allein.