Hüßner, S. (2009). Non-Profit-PR oder: Werbung für den guten Zweck. Was Non-Profit-Organisationen sind und wie sie auf sich aufmerksam machen. w.e.b.Square, 02/2009. URL: http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2009-02/8
Macht man sich die Mühe "Non-Profit" zu übersetzen, heißt es im Deutschen „ohne Gewinn". Wie viele Begriffe der englischen Sprache ist allerdings auch dieser Anglizismus längst eingedeutscht. Man liest und redet viel darüber und fragt sich manchmal trotzdem noch: Wer macht hier eigentlich was für wen - und inwiefern - womöglich auch umsonst?
Laut Fischer Lexikon Publizistik und Massenkommunikation definiert sich Non-Profit-PR als eine Form der Öffentlichkeitsarbeit, die dem Allgemeinwohl dient (Schulz, 2004). Es handelt sich dabei unter anderem um PR-Maßnahmen karitativer Organisationen, staatlicher Einrichtungen oder gemeinnütziger Vereine (so genannte Non-Profit-Organisationen). Dazu zählen zum Beispiel die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Brot für die Welt, die Caritas oder der World Wide Fund For Nature (WWF). Hasitschka und Hruschka (1982) verstehen unter Non-Profit-Organisationen nichterwerbswirtschaftliche Organisationen bzw. Bedarfswirtschaften im Gegensatz zu Erwerbswirtschaften. Letztere heißen Profit-Organisationen und streben nach einem Nominalgüterüberschuss oder Gewinn. Non-Profit-Organisationen sehen dagegen den „[...] Transfer von Nominalgütern (Geld, Ansprüche auf Geld, wie etwa bei Spendenorganisationen, Studienbeihilfeorganisationen, Kreditgenossenschaften) als allen anderen betrieblichen Funktionen übergeordnete Aufgabe." (Hasitschka & Hruschka, 1982, S. 9)
Landläufig wird Non-Profit-PR oft gleichgesetzt mit dem Begriff des "Social Marketing". Der gravierende Unterschied jedoch ist, dass es sich bei letzterem häufig um ausgeklügelte Marketingstrategien gewinnorientierter Unternehmen handelt. Durch öffentlichkeits-wirksames Zurschaustellen ihrer sozialen Ader wollen Profit-Organisationen das eigene Image aufpolieren und den Bekanntheits- bzw. Beliebtheitsgrad der jeweiligen Marken steigern. Beispiele hierfür sind Produkte, von deren Kaufpreis eine bestimme Summe an eine wohltätige Organisation oder Stiftung geht. So gelingt es im Rahmen des Absatzes dieser Produkte für einen guten Zweck zu werben und zusätzlich Spenden zu sammeln. Immer öfter betonen auch große Sportartikel- oder Textilhersteller die fairen Arbeitsbedingungen unter denen ihre Ware im Ausland produziert wird. Letztendlich geht es darum, das Produkt beim Verbraucher mit einer positiven oder lobenswerten Vorstellung zu verknüpfen und so zum Kauf anzuregen. Der Kunde soll mit gutem Gewissen einkaufen können und eine positive Empfehlung an sein Umfeld weitergeben. Durch gezielte Kommunikation von Social Marketing-Aspekten können noch unbekannte Marken in das Blickfeld potentieller Kunden gerückt werden.
Betrachtet man PR unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, wird sie in der Regel in der Kommunikationspolitik verortet, die wiederum nur einen Teilaspekt im Marketing von Unternehmen bildet. Man bedient sich der im Gegensatz zu Werbung nur indirekt bezahlten Einschaltung von Medien, um Organisationsziele, Produktneuheiten oder Dienstleistungen an interne oder externe Teilöffentlichkeiten zu kommunizieren. PR oder Öffentlichkeitsarbeit will mittel-/langfristig das Vertrauen ihrer Zielgruppen gewinnen oder erhalten und eine positive Wirkung des jeweiligen Kommunikationsobjektes nach außen erzielen. Soviel zur Theorie. Wendet man sich nun gezielt Non-Profit-PR zu, bleibt im Folgenden zu klären, welche konkreten Anliegen Non-Profit-Organisationen haben und wie sie es schaffen, die Öffentlichkeit dafür zu begeistern.
Non-Profit-Organisationen wollen dazu beitragen, soziale Problemstellungen auf breiter, öffentlichkeitswirksamer Ebene zu lösen. Durch weitgestreute Kampagnen soll die Bevölkerung für Konfliktthemen sensibilisiert und zum Nachdenken angeregt werden. Es geht um Inhalte, die zum Beispiel über preispolitische Maßnahmen nicht zu regulieren sind. Darunter fallen Ideen oder immaterielle Güter, wie Bildung, Gesundheit und Umweltschutzaktivitäten. Non-Profit-PR will die Einstellung der Öffentlichkeit zu diesen Bereichen festigen oder verändern und Verhaltensmuster beeinflussen. Werbung wie im kommerziellen Bereich ist für Non-Profit-Organisationen oft nicht finanzierbar. Außerdem geht mit bezahlter Werbung nichterwerbswirtschaftlicher Unternehmen ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem einher. Den PR-Verantwortlichen kommt jedoch zugute, dass seitens der Medien ein großer "Goodwill" existiert. Oft findet eine Berichterstattung über Non-Profit-Themen bereitwillig und kostenlos statt. Der Nachteil für die betreffenden Organisationen ist eine geringe inhaltliche Kontrolle und ein mangelnder Einfluss auf die zeitliche Platzierung der Werbung in eigener Sache. Non-Profit-Organisationen bedienen sich deshalb weiterer Werbemaßnahmen.
Ein Beispiel ist die so genannte "Feel good"-Kampagne „Du bist Deutschland": ein Appell von 25 Medienunternehmen an ein neues deutsches Nationalgefühl. Diese und ähnliche Kampagnen enthalten keinen direkten Aufruf zum Handeln und sind nicht wie bei Produkt-PR darauf ausgerichtet, einen Kaufwunsch auszulösen. Ihr Ziel ist es, nicht nur intrinsisch zu motivieren an einer gemeinsamen Sache mitzuarbeiten, sondern Verhalten zu beeinflussen und darüber hinaus letztendlich vorhandene Einstellungen zu verändern.
Wohl genauso bekannt ist die Kampagne „Gib AIDS keine Chance", in der die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seit 1993 mit bunten Kondomen und schlagkräftigen Slogans für Verhütung wirbt (siehe Abbildung). Da der menschlichen Informationsaufnahme und -verarbeitung Grenzen gesetzt sind, müssen sich erfolgreiche PR-Maßnahmen von den täglich auf die Zielgruppe einströmenden Impulsen abheben. Hierzu dient beispielsweise der Einsatz von Schockwerbung. Durch besonders emotional gestaltete Plakate, Anzeigen oder Werbespots sollen bei den Rezipienten positive oder negative Assoziationen geweckt werden. Besonders aufmerksamkeitserregend sind daher die Plakate des WWF: In einer der letzten Kampagnen zerreißt der Anblick einer todtraurig anmutenden Eisbärfamilie auf einer viel zu kleinen Eisscholle dem Betrachter an nahezu jeder Bushaltestelle das Herz. Diese und andere Non-Profit-Kampagnen fordern dazu auf, den Kampf für die gute Sache durch Spenden zu unterstützen.
Klima-, Tier- und Naturschutz, die Prävention tödlicher Krankheiten und der Einsatz für die benachteiligten Länder dieser Welt sind durchaus förderliche Ziele. Zu beachten ist jedoch, dass die Art und Weise der Werbung mit den positiven Absichten und dem öffentlichen Bild der jeweiligen Non-Profit-Organisation in Einklang gebracht werden können. Auf den ersten Blick ist das vielleicht nicht immer der Fall. Greenpeace zum Beispiel protestiert desöfteren mit toten Walen an prominenten Orten wie dem Brandenburger Tor gegen Walfang. Diese Art durch ungewöhnliche Aktionen Aufmerksamkeit zu erregen nennt sich „Campaigning". „Ziel ist typischerweise, durch das Herstellen von Öffentlichkeit Druck auszuüben, um Akteure aus Politik, Wirtschaft oder Bürger zu Verhaltensänderungen zu bewegen." (Pleil, 2005) Skurrile Anblicke im Rahmen initiierter Non-Profit-Kampagnen schaffen einen Nachrichtenwert und erhöhen so die Chance der Organisationen auf eine Veröffentlichung ihrer Aktionen und Anliegen in den Medien. Zwar heiligt nicht jeder gute Zweck im Endeffekt immer die Mittel und es ist höchst fraglich, ob verendete Tiere als Werbebanner und für erfolgreiches Fundraising tatsächlich geeignet sind. In Anbetracht der Dringlichkeit der Probleme, auf die Non-Profit-Organisationen hinweisen wollen, legitimiert sich jedoch so manche außergewöhnliche Werbemaßnahme.