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Wissensmanagement und E-Learning unter Bildungsperspektive
Ausgabe 2007 01

Lernumgebungen und E-Learning

Bei der Organisation von E-Learning sind wichtige Vorüberlegungen zu treffen. Der Artikel klärt auf, welche Varianten es gibt und was bei der Gestaltung von Lernumgebungen unbedingt beachtet werden sollte.

Keine Zeit für Präsenzveranstaltungen

Eine Expertise des MMB Instituts für Medien- und Kompetenzforschung (Lutz 2004) kommt zu dem Schluss, dass die traditionelle Weiterbildung in Seminarräumen mit einem festen Curriculum immer weniger in der Lage ist, den steigenden Anforderungen der Unternehmen an eine flexible und effiziente Qualifizierung zu entsprechen. Langzeitkurse erreichen zum Beispiel nur noch selten gegenüber Blockveranstaltungen ihre bisherigen Teilnehmerzahlen. Ähnliche Tendenzen zeichnen sich auch im öffentlichen Bildungssystem ab.

Ein Beleg dafür ist die steigende Nachfrage nach kürzeren Kursen und modularen Lernkonzepten. Zudem verstärkt sich der Trend zum informellen Lernen (Beantwortung von Fragen durch Kollegen, Benutzung von Datenbanken, Recherchieren im World Wide Web etc.). Die Forderung nach einer höheren zeitlichen Flexibilität und räumlicher Ungebundenheit rückt E-Learning-Ansätze in den Fokus der Betrachtung. Es stellt sich die Frage, welche Aspekte bei der Konzeption von E-Learning-Umgebungen berücksichtigt werden müssen, um zu einer effektiven Wissensvermittlung zu gelangen. Personalentwickler und Nutzer legen zunehmend Wert auf Qualitätsnachweise bei Bildungsangeboten. Eingeführt wurden z.B. TÜV-ISO Normen, wie ISO 9000, und andere branchenspezifische Gütesiegel.

Als Vorrausetzung für die Gestaltung von didaktischen Konzepten ist zu berücksichtigen, vor welchem lerntheoretischen Hintergrund diese entwickelt werden: Sind sie eher behavioristisch, konstruktivistisch oder kognitivistisch geprägt? Auch pragmatische Verknüpfungen bieten sich je nach Lernzielkonstellation an (Tiemeyer/Wilbers 2001).

Im Rahmen dieses Beitrages zum Thema E-Learning wird u.a. auf Teleteaching und Tutorials, danach auf den Begriff der „E-Trainer" näher eingegangen.

Hauptvarianten von E-Learning

Teleteaching

Beim Teleteaching handelt es sich um Vorträge oder Präsentationen, die man entweder live überträgt oder für den späteren Gebrauch auf Speichermedien aufzeichnet. Die Unterrichtsmethode lehnt sich didaktisch an die traditionelle „Klassenzimmersituation" an. Im Zentrum steht der Lehrende. Dieser vermittelt Inhalte nicht mittels Vorlesungen und Übungen an Ort und Stelle, sondern synchron via Videokonferenz oder asynchron durch Abrufen von Veranstaltungsvideos, die von Standort A zu Standort B übertragen werden. Die für den Vortrag angefertigten Materialien, beispielsweise PowerPoint-Folien, werden den Teilnehmern in der Regel rechtzeitig zur Verfügung gestellt.

Die Vorteile des Teleteachings liegen in der Möglichkeit, Inhalte multimedial aufzubereiten und an ein disperses, d. h. räumlich voneinander getrenntes Publikum zu übertragen. Als Nachteile könnten sich der hohe technische Aufwand, die große Belastung für Lernende und Lehrende oder die Erfahrung herausstellen, dass meist nur eine Ein-Weg-Kommunikation stattfindet. Rückfragen sind zwar erwünscht, werden jedoch aufgrund der technisch bedingten räumlichen Distanz nicht immer in Anspruch genommen.

Tutorials (CBT/WBT)

Wenn man auf lehrende Personen verzichtet und diese durch eine begleitende multimediale Software ersetzt werden, spricht man von Tutorials. Sie gelten als Inbegriff des computergestützten Unterrichts. Wird das World Wide Web zur Verbreitung von Lerninhalten als Lernsoftware genutzt, spricht man auch von Webbased Training (WBT). Der Erfolg von Tutorials bzw. WBTs ist abhängig von der Motivation der Teilnehmer und deren Fähigkeit, mit einer gewissen Autonomie zu lernen. Als Computer Based Training(CBT) bezeichnet man hingegenLernsoftware, die Wissen vermittelt, den Lernerfolg prüft und den Transfer in die Praxis unterstützt.

Simulative Methoden

Für E-Learning-Systeme, die auf den Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit komplexen Systemen abzielen, eignet sich der Einsatz simulativer Methoden. Mögliche Varianten sind technische Simulationen, praxisnahe Planspiele, Systemkonstruktion, Rollenspiele, Fallstudien oder sog. WebQuests.

Informationssysteme und Instrumente des individuellen Wissensmanagements

Informationssysteme (z. B. Faktendatenbanken) und Instrumente des individuellen Wissensmanagements (z. B. Mind-Mapping-Software, Experten-Mailing-Listen) richten sich primär an einzelne Lernende. Das Lernen an sich läuft hochgradig selbstgesteuert ab.

Virtuelle Seminare

Räumlich verteilte Lernende erarbeiten komplexe Problemlösungen und erwerben in diesem Rahmen die dazu nötigen Kompetenzen. Meistens werden virtuelle Seminare als Projekt für eine bestimmte Anzahl von Lerngruppen mit einem verbindlichen Zeitplan angeboten. Telecoaches bzw. Telementoren begleiten die Teilnehmer bei allen Lernprozessen. Sie stehen mit den Teilnehmern virtuell (E-Mail, Forensoftware, Chat etc.), telefonisch oder direkt in Kontakt. Ein Problem bei dieser Form des kooperativen Lernens kann sein, dass die Kommunikation mit dem Veranstalter nicht in ausreichendem Maße stattfindet und so Fehler im Lernprozess nicht korrigiert werden. Das zugehörige Stichwort lautet hier „Feedback". Außerdem stellt sich die Frage, ob die Abstimmung zwischen den Mitgliedern der Lerngruppen nicht dadurch erschwert wird, dass teilweise nur auf computervermitteltem Wege kommuniziert wird. Informationen können bei fehlendem Dialog verloren gehen.

Konstruktivistische Lernumgebungen

Wesentliche Prinzipien derartig offener E-Learning-Systeme sind Authentizität von Inhalten und Situiertheit, multiple Kontexte, die Nutzung moderner Unterrichtsmethoden, die Förderung kooperativen Arbeitens und Lernens, an Anwendung orientierte Methoden der Evaluation sowie die Förderung intrinsischer Motivation.

Learning Communities

Learning Communities werden vor allem in Schulen und Hochschulen thematisiert und praktiziert. Sie bilden den Prozess der Wissensbildung nach. Im Mittelpunkt steht die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit verschiedenen Menschen, von denen jeder einen individuell unterschiedlichen Wissensstand aufweist. Konzepte für Learning Communities beinhalten Lernberatung, Coaching, Mentoring und die individuelle Laufbahn- und Karriereplanung.

Anforderungen an E-Trainer

Damit E-Learning erfolgreich implementiert werden kann, ist es sehr wichtig, dass der E-Trainer, also der Tutor oder Lehrer der Plattform, viele Kompetenzen besitzt. Er benötigt sowohl pädagogische und didaktische als auch medien- und designtechnische Kenntnisse.

Die Grundlage für die Entwicklung einer E-Learning Umgebung ist das Wissen des E-Trainers um die „technischen Voraussetzungen für „Informations- und Kommunikations-gestütztes Lernen", wie audiovisuelle Kommunikation, multimediale Anwendung und informationstechnische Grundlagen. Um eine Lernplattform gestalten zu können, muss sich ein E-Trainer mit dem Design von Lernszenarien auskennen.

Er muss außerdem die Gestaltungswerkzeuge, z.B. HTML oder Redaktions- und Autorensoftware beherrschen. Auch die Kenntnis von Lernszenarien gehört dazu. Ein kompetenter E-Trainer sollte sich mit Informationsverarbeitungsströmen auskennen und wichtige Evaluationsmethoden beherrschen. Letztendlich muss er auch wissensorientierte Ideen haben, wie man E-Learning nachhaltig anbieten kann.

Auch aus pädagogisch-didaktischer Sicht muss der E-Trainer einige Kenntnisse aufweisen. Er sollte „Lernvorgänge erklären und didaktische Designs arrangieren können", über Methoden der Führung und Begleitung von Lernenden und der Arbeitsorganisation Bescheid wissen sowie Lernskripte erstellen können. Des Weiteren ist es wichtig, dass der E-Trainer Beratungskompetenz aufweist, Kommunikationsstrategien und -techniken versteht sowie Konflikte erkennen und auf diese reagieren kann.

Ein guter E-Trainer muss also eine Vielzahl verschiedener Kompetenzen aufweisen, damit E-Learning erfolgreich ablaufen kann.3

Hinweise zur Gestaltung von Lernumgebungen

Um wirksame E-Trainings durchzuführen, sollten Trainer Lernarrangements auswählen oder besser noch selbst erstellen. Diese müssen gewissen Prinzipien genügen. Eine Dokumentation zum IT-Trainings-Kongress 2000 in Bonn (Mündemann 2000) fasst z.B. zusammen, worauf es hier ankommt:

Zentral ist der Einsatz und die Anregung von Lernmethoden, die assoziativ vorhandene „Wissensmodule" verknüpfen, neue Wissensstrukturen formen und einen Wechsel von Anspannung und Entspannung vorsehen. Letzteres sollte eine Passung zur Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit der Lernenden erreichen. Späteres (berufliches) Handeln sollte weitgehend erlebbar gemacht werden (z. B. durch Simulationen oder Rollenspiele). Dies erleichtert die Übertragung von theoretischem Wissen in die Praxis. Der konstruktivistisch geprägte Learning-by-Doing-Ansatz geht sogar davon aus, dass Lernen am besten durch eigene Erfahrung möglich wird.

Idealerweise sollte man das Lernen über Verstehen in praktisch angewandten Fällen und Echtsituationen anregen. Unterstützend könnten dort Orientierungspfade in Lernfeldern wirken. In Reflexionsphasen sollten die Lernenden die Gelegenheit bekommen, gemachte Erfahrungen zu reflektieren.

Dieser Aufbau von Metastrukturen erleichtert die Übertragung von erlernten Mustern auf weitere Anwendungsfelder und hilft, Probleme zu erkennen.

Friedhelm Mündemann fordert in diesem Zusammenhang, schöpferisches Lernen zu ermöglichen. Dies gelänge durch Aufgabenstellungen, die das selbstständige Anwenden von Problemlösungsmethoden förderten. Dies sind zum Beispiel szenische Methoden, Kreativ-Methoden aber auch Spiele.

Ferner sollte man die Wissensgenerierung erleichtern, indem die Informationsaufnahme mit allen Sinnen ermöglicht wird sowie Suchstrategien und Informationsselektion vermittelt werden. Die Lernorganisation sollten die Verantwortlichen möglichst transparent gestalten (die Teilnehmer sollten immer wissen, wo sie im Lernprozess stehen, woher sie kommen und wohin sie gehen können). Im Sinne einer Navigation im Lernstoff sollten sie alle Themen sowie deren Anordnung kennen (vgl. Die Schulung mit der Maus. managerSeminare, Heft 46, Januar 2001, S.83 ff).

Direkte und Indirekte Lernumgebungen

Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, verschiedene Lernarrangements zu treffen. Zum Beispiel lassen sich dabei direkte von indirekten Lernumgebungen unterscheiden.

Die direkte Lernumgebung

Die direkte Lernumgebung zeichnet sich dadurch aus, dass sie um den Lehrenden zentriert ist und der Lernprozess durch diesen weitgehend fremdgesteuert wird.

Dieses Arrangement bietet sich an, wenn es z.B. Lernfunktionen erfüllen soll, die in der Phase der Vorbereitung des Lernens stattfinden: Orientierung über Ziele und Handlungen, Auswahl von Zielen, Verdeutlichung der Relevanz der Lernziele, Aufbau der Motivation, Planung der Lernhandlung, Beginn der Lernhandlung, Aktivierung von Aufmerksamkeit und die Moderation der Rückbesinnung auf frühere Lernprozesse und auf Vorwissen.

Ausgeführte Lernhandlungen dienen dann den Zielen des Verstehens und Behaltens des Gelernten, Integration des Gelernten und Anwendung desselben. Handlungsregulationen seitens des Lehrenden bestehen beispielsweise in der Überwachung des Lernens, der Prüfung des Lernens, ggf. in der Korrektur des Lernverfahrens sowie in der Auswertung der Lernhandlungen und der Rückbesinnung auf den Verlauf des Lernens. In diesem Kontext bieten Leistungsbewertungen eine Orientierung für den Lernenden. Es sollte daher stets Rückmeldungen über den Lernprozess und den Ergebnissen geben.

Eine weitere Aufgabe für den Lehrenden besteht darin, die Motivation und die Konzentrationsfähigkeit der Lernenden positiv zu beeinflussen. Situationen des E-Learning-Arrangements ähneln dem Frontalunterricht. Auch das Durchlaufen von Vokabeltrainer-Passagen kann derart gesteuert ablaufen.

Merkmale von Indirekten Lernumgebungen

Ein wesentlicher Unterschied zu den direkten Lernumgebungen besteht bei indirekten Umgebungen darin, dass der Lernende in weiten Teilen selbstgesteuert handelt und dabei stärker eigenverantwortlich handeln kann. Er entwickelt Freiraum für individuelle Lösungswege. Die Lernumgebung ist um den Lernenden zentriert. Möglich ist z. B. eine Projektarbeit, die die Lernenden weitgehend selbst gestalten. In Berichtsituationen bekommen sie Feedback und bei Bedarf Unterstützung. Es werden dabei Fähigkeiten gestärkt, die Lernen positiv vorbereiten können: sich über Ziele und Handlungen orientieren, Lernziele auswählen, sich die Bedeutung der Lernziele selbst klar machen, sich selbst motivieren und reflektierend mit dem Lernprozess umzugehen zu können.

Hierbei soll die Lernhandlung mit den Zielen des Verstehen und Behaltens des Gelernten, der Integration des Gelernten in das Vorwissen und mit dem der Anwendung in Einklang gebracht werden.

Man möchte erreichen, dass der Lernende sich selbst Rückmeldung über Lernprozess und Ergebnisse geben kann und er somit lernt, den Lernprozess und Ergebnisse realistisch zu bewerten. Feedback-Mechanismen in der Umwelt sind in Form von Reaktionen anderer auf Projektentscheidungen ebenfalls wichtig.

Anforderungen an das Lernen mit neuen Medien

Der Aspekt Zielorientierung

Das Lernen mit neuen Medien sollte flexibel sein: Es sollte bedarfsorientiert einsetzbar sein, sich also an den Zeitpunkt und die jeweilige Umgebung individuell anpassen. Arbeiten und Lernen können so miteinander verknüpft und effektiv in den Alltag integriert werden. Aktuelle Bedürfnisse können in das Lernen eingebunden werden.

Der Aspekt Selbststeuerung

Zum Lernerfolg gehört auch ein Erfahrungsaustausch. Die Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden sowie zwischen den Lernenden untereinander kann zur gezielten Problemlösung und so zur Verbesserung des Lernerfolgs beitragen. Die Lernmedien sollten weiterhin eine subjektive Kontrolle des Lernenden zulassen, damit er aus eigenem Verständnis den Wissenszuwachs seiner Teilnehmer beurteilen kann. Auch die Bereitstellung von themenspezifischen Skripten kann den Lernerfolg gegünstigen.

Der Aspekt des didaktischesnDesigns

Damit der Lernende seine Umgebung individuell an seine Kenntnisse und Fähigkeiten anpassen kann, sollte die Lernumgebung eine Individualisierung des Einzelnen ermöglichen. Stilmittel wie Authentizität, Bildhaftigkeit, Imagination und Dramatik fördern die Attraktivität des Lernens und die Motivation der Nutzer. Die Möglichkeit der Konstruktion von Erfahrungen und deren Austausch steigert die Dynamik der Lernumgebung und letztendlich den Lernfortschritt.

Der Aspekt des Screen Designs

Bezogen auf das Screen Design sollten dem Nutzer einfach strukturierte Navigationsmöglichkeiten geboten werden, sowie interaktive Elemente zur Kommunikation wie E-Mail, Newsgroups oder Pinboards. Auditive Elemente und visuelle Animationen steigern zudem die ansprechende Gestaltung einer Lernumgebung. Möglichkeiten zur direkten Beteiligung der Nutzer über Kooperationen, Projektarbeit, Rollenspiele oder virtuelle Szenarien vereinfachen den Zugang und die Rezeption der Lerninhalte.


1 vgl.Michel, Lutz P.: Status quo und Zukunftsperspektiven von E-Learning in Deutschland (2004) Essen: MMB Institut für Medien- und Kompetenzforschung. S.8 f.
2 vgl. Tiemeyer, Ernst / Wilbers, Karl (2001): e-learning. Neue Möglichkeiten für die berufliche Bildung. St. Gallen: anuba Modellversuch
3 vgl.Kerres, Michael / de Witt, Claudia (2001): Quo vadis Mediendidaktik? Zur theoretischen Fundierung von Mediendidaktik, S.13-19.
4 vgl. Die Schulung mit der Maus (2001). managerSeminare, Heft 46, S.83 ff
5 vgl.IT-Trainings-Kongress 2000, Bonn - Dokumentation: Friedhelm Mündemann, FH Brandenburg


Literatur

Alberding, S.; Burkhart, B.; Denich, C. & Schnurr, J.-M. (2007). Lernumgebungen und E-Learning. w.e.b.Square, 01/2007. URL: http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2007-01/3.


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