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Wissensmanagement und E-Learning unter Bildungsperspektive
Ausgabe 2011 04

Studieren im Netz

Ein persönlicher Erfahrungsbericht


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Was wäre der heutige Student ohne seinen Computer? Er ist aus dem täglichen Studienalltag nicht mehr wegzudenken. Mitschriften werden in der Vorlesung digital erledigt, wichtige Informationen der Dozenten per E-Mail oder über die universitäre Lernplattform verbreitet. Auch in der Zusammenarbeit zwischen Studierenden scheint es nicht mehr ohne zu gehen: Lern- oder Arbeitsgruppentreffen werden über das Internet abgesprochen, Arbeitsgruppentreffen online über Skype abgehalten. Einige Seminare, beispielsweise die der Virtuellen Hochschule Bayern, finden nur noch als Onlineseminare statt. Doch nutzen die Studierenden die Möglichkeiten, die sich durch das Internet eröffnen, in ausreichendem Maße? Oder sind sie womöglich überfordert durch die Technisierung und Digitalisierung der Universität? Welche Vor- und Nachteile kann all dies mit sich bringen?

In meinem eigenen Studium habe ich sehr wenig Erfahrung mit Zusammenarbeit via Internet gesammelt. In den meisten Fällen trafen sich meine Arbeitsgruppen noch face-to-face. Das einzig Digitale daran war, dass wir uns per E-Mail verabredet haben oder Dokumente mühsam per E-Mail hin- und hergeschickt haben. Von Seite der Lehrenden  wurde ich nie auf andere Möglichkeiten, wie z.B. Dropbox oder GoogleDocs aufmerksam gemacht. Dies sehe ich jedoch in gewisser Hinsicht als eine Teilaufgabe der Dozenten, den Studierenden die Augen für neue Möglichkeiten öffnen, sie  zumindest am Rande darauf aufmerksam zu machen. Zwar soll der Student selbstständig arbeiten und ihm darf sicherlich nicht alles vorgekaut werden, aber Tipps zu Arbeitsweisen und -werkzeugen sind meiner Ansicht nach immer sinnvoll.

Auch den digicampus, die universitäre Verwaltungs- und Lernplattform der Uni  Augsburg, haben wir in den Seminaren nicht ansatzweise in dem Maße genutzt wie es möglich wäre. Er diente im Grunde nur zur Bereitstellung von Readern und Handouts. Bekamen wir am Anfang meines Studiums noch ausgedruckte Reader zur Verfügung gestellt, etablierte es sich nach und nach, diese Materialien nur noch im digicampus online zu stellen, was natürlich zu erhöhten Druckkosten auf Seiten der Studierenden führte. Weitere digicampus-Funktionen wie das Forum oder das Wiki, die für jede Veranstaltung zur Verfügung stehen, wurden in meiner Studienzeit und in meinem Studiengang überhaupt nicht verwendet.

Dazu sollte gesagt werden, dass ich Lehramt Gymnasium studiert habe. Das ist aus meiner Sicht ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt, denn sollten nicht zukünftige Lehrer wissen, wie gewisse Handwerkzeuge funktionieren, um sie später sinnvoll in den Unterricht zu integrieren? Uns ist sicher allen klar, dass Computer und Internet schon längst ihren Einzug in die Schulen hatten und ihr Einsatz immer weiter intensiviert wird. Warum also werden die Lehrer von morgen nicht schon im Studium mit den Medien vertraut gemacht mit denen sie später aller Voraussicht nach mit ihren Schülern arbeiten sollen? Zwar gehören die heutigen Lehramtsstudierenden oftmals schon einer Generation an, die mit digitalen Medien aufgewachsen ist, doch dies bedeutet noch lange nicht, dass sie auch kritisch und reflektiert mit diesen Medien umgehen können und tatsächlich über Medienkompetenz verfügen. Hierzu muss die Universität ihren Teil beitragen. In einer Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 15. Oktober 2009 ist dies auch schriftlich festgehalten: „Medienpädagogik ist in der Lehramtsprüfungsordnung I (LPO I) als für alle Kandidaten verbindliche inhaltliche Prüfungsanforderung festgeschrieben“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2009, S. 362). Diese Aussage lässt also hoffen, dass sich die Situation verbessert und die jetzigen Lehramtsstudenten tatsächlich bereits während des Studiums mit der Arbeit mit digitalen Medien in der Schule vertraut gemacht werden.

Mehr Erfahrungen mit studentischer Zusammenarbeit im Netz habe ich als Tutorin eines Online-Seminars, das ebenfalls über den digicampus koordiniert wird, gesammelt. Doch erneut ist, obwohl es sich um eine andere Art von Lehre und einen anderen Studiengang handelt, mehr oder weniger das gleiche Phänomen wie in meinem eigenen Studium zu beobachten: Die meisten Möglichkeiten werden von den Studierenden nicht angenommen. Teil der ersten Aufgabe für die Teilnehmer ist beispielsweise die Nutzung des Forums, denn dadurch ist gesichert, dass alle wissen, wie das Forum funktioniert. Nach der Pflichtnutzung findet jedoch keine weitere freiwillige Verwendung statt. Wenn es Fragen gibt, werden diese in den allermeisten Fällen per E-Mail an die Dozentin oder die Tutorin gesendet und nicht, wie eigentlich gewünscht, öffentlich im Forum gepostet. Dies könnte unter Anderem natürlich ein Zeichen dafür sein, dass die Studierenden zwar die Funktionsweise des Forums während der Einarbeitung verstanden haben, nicht jedoch den Sinn und Zweck. Eventuell könnte es helfen, die Teilnehmer von Dozenten- bzw. Tutorenseite auch auf diese Aspekte noch genauer hinzuweisen. Die geringe Nutzung des Forums hat aus meiner Sicht mindestens zwei Nachteile: Erstens haben die anderen Teilnehmer des Kurses nichts davon. Oft tauchen Probleme bei mehreren Studierenden auf, würden diese also im Forum gepostet werden, könnten andere Teilnehmer von der Antwort gleich mit profitieren. Zweitens besteht bei Fragen per E-Mail auch nicht die Möglichkeit, dass die Peergroup Antworten oder Lösungsvorschläge gibt und sich so mit den Problemen und Fragen der anderen auseinandersetzt. Dabei kann genau dies zu einem höheren Lerneffekt führen. Insbesondere bei einem Onlineseminar halte ich persönlich diesen Aspekt für sehr wichtig. In einem Präsenzseminar diskutieren die Studierenden mehr oder weniger in den einzelnen Sitzungen. Dies ist bei einem Onlineseminar nicht der Fall und deswegen wäre es wichtig, dass dieser Austausch doch zumindest auf digitaler Ebene stattfindet. Damit meine ich natürlich nicht nur Verständnisfragen die ins Forum gepostet werden, denn daraus entsteht noch keine Diskussion. Mir geht es vielmehr darum, dass die Studierenden das Forum auch nutzen, um eventuell strittige Lerninhalte untereinander zu diskutieren. Schließlich geht es beim Studieren nicht um stupides Auswendiglernen. In einer Diskussion wird das Gelernte angewendet, es wird geübt, zu argumentieren und auch andere Meinungen zu akzeptieren, die Studierenden lernen, sich mit einem Thema intensiver auseinanderzusetzen. Damit auch dieser Teil des Studiums nicht zu kurz kommt, ist es aus meiner Sicht von großer Bedeutung, auch in Onlineseminaren, in denen die Studierenden im Extremfall nie einen anderen Seminarpartner face-to-face sehen, eine gewisse Diskussionskultur aufrechtzuerhalten bzw. zu schaffen.

Insgesamt lässt sich aus meiner Sicht sagen, dass studentische Zusammenarbeit im Netz positive wie negative Seiten hat. Ein recht großes Problem kann beispielsweise die unterschiedlich stark ausgeprägte Medienkompetenz und -affinität sein. So mag ein Teampartner seit Jahren so gut wie alles am PC erledigen und nur selten auf für ihn unlösbare Probleme stoßen. Ein anderes Teammitglied hingegen verwendet den PC eventuell nur, weil es ohne heute kaum noch funktioniert, stößt aber regelmäßig an seine Grenzen und weiß sich bei Problemen nicht immer zu helfen. Wenn diese zwei Personen nun online zusammenarbeiten sollen, sind Konflikte mehr oder weniger vorprogrammiert. Der medienaffine Teampartner wird seinem Gegenüber viele Dinge vielleicht erst einmal erklären müssen, was zu Frustrationserlebnissen führen kann (andererseits ist es jedoch auch möglich, dass die Begeisterung des bisher weniger medienaffinen Teampartners für die Arbeit mit dem Computer und dem Internet gesteigert wird). Aber solange die Teammitglieder nicht alle mit den zu verwendenden Werkzeugen umgehen können, ist eine sinnvolle Zusammenarbeit nur schwer bis gar nicht möglich. Diese Einarbeitung kostet natürlich Zeit, die trotz im Seminar eingeplanter Einarbeitungszeit eventuell schon für die Aufgabenlösung selbst nötig wäre. Des Weiteren sind vielen Studierenden (und sicher auch Lehrenden) die verschiedenen Möglichkeiten, welche die Werkzeuge im Internet bieten, gar nicht ausreichend bekannt. Das hat zur Folge, dass eine Arbeit damit keinen Mehrwert erzielt oder der Aufwand im schlimmsten Fall höher ist als bei Präsenzseminaren. Auf der anderen Seite kann natürlich diese intensivere Beschäftigung mit den Werkzeugen den Lerneffekt deutlich erhöhen, was mehr ein Vor- als ein Nachteil ist.

Doch die Online-Zusammenarbeit hat noch weitere, vielleicht auch offensichtlichere Vorteile. Bei face-to-face Gruppenarbeiten ist es meist so, dass eine Person für die gesamte Schreibarbeit in der Gruppe verantwortlich ist. Das Internet ermöglicht es, dass alle Gruppenmitglieder ihren Teil schriftlich zur Arbeit beitragen können. Dies kann auf der einen Seite „traditionell“ per E-Mail geschehen, indem sich Studierende die Einzelteile per E-Mail zuschicken. Dadurch wird zumindest schon einmal in gewissem Maße verhindert, dass eine einzelne Person die Schreibarbeit alleine erledigen muss. Statt E-Mail können jedoch auch Tools wie beispielsweise Dropbox, GoogleDocs oder ein Wiki verwendet werden.  Diese ermöglichen es den Studierenden, gemeinsam an einem Dokument zu arbeiten, auf das sie online zugreifen können und dadurch immer nur eine (und zwar die aktuelle) Version existiert. So ersparen sich Studierende das aufwändige Hin- und Herschicken von halbfertigen Dokumenten, die mühsam zusammengefügt werden müssen und bei denen niemand genau weiß, wer gerade im Besitz der aktuellen Version ist. Ein weiterer Vorteil von studentischer Zusammenarbeit im Netz bezieht sich auf den Zeitfaktor: Gruppentreffen, sind oftmals schwer zu koordinieren und kollidieren mit anderen Aktivitäten der Gruppenmitglieder. Zwar lässt sich dieses Problem nicht vollständig durch das Internet beseitigen, aber immerhin verbessern. Skype-Treffen können auch stattfinden, wenn beispielsweise ein Gruppenmitglied krank ist oder sich gerade nicht in der Stadt befindet. Außerdem muss nicht alles sofort bei dem Treffen erledigt werden, sondern es kann auch jederzeit und überall an den online-verfügbaren Dokumenten gearbeitet werden. Das löst beispielsweise Probleme, die in Gruppen auftreten, in denen ausgeprägt tag- und nachtaktive Menschen zusammenarbeiten.

Meiner Meinung nach ist studentische Zusammenarbeit im Netz tendenziell eher ein Segen, der viele neue Möglichkeiten für Lehrende und Studierende eröffnet. Eine solche Aussage ist natürlich auch immer vom Lehrkonzept, dessen Umsetzung und der Akzeptanz bei den Studierenden abhängig. Durch ausreichende Hilfestellungen von Lehrenden und Peers sowie ein angemessenes Lehrkonzept lassen sich die Gefahren digitaler Zusammenarbeit in Grenzen halten und die positiven Seiten überwiegen. Wie so oft gilt jedoch, dass Medien nicht um ihrer selbst Willen eingesetzt werden sollten, sondern dass sich durch sie ein Mehrwert für alle Beteiligten ergeben sollte. Ich denke, dass der studentischen Zusammenarbeit durch das Internet viele neue Wege eröffnet werden, doch sollte eben auch darauf geachtet werden, dass Dinge wie eine Diskussionskultur nicht verloren gehen, dass die Studierenden sich im Netz nicht verlieren, dass ihnen Dozenten und Tutoren jederzeit hilfsbereit zur Seite stehen und dass sie trotz aller Digitalisierung auch weiterhin persönlichen Kontakt zu Kommilitonen und Dozenten haben.

In meinem eigenen Studium habe ich sehr wenig Erfahrung mit Zusammenarbeit via Internet gesammelt. In den meisten Fällen trafen sich meine Arbeitsgruppen noch face-to-face. Das einzig Digitale daran war, dass wir uns per E-Mail verabredet haben oder Dokumente mühsam per E-Mail hin- und hergeschickt haben. Von Seite der Lehrenden wurde ich nie auf andere Möglichkeiten, wie z.B. Dropbox oder GoogleDocs aufmerksam gemacht. Dies sehe ich jedoch in gewisser Hinsicht als eine Teilaufgabe der Dozenten, den Studierenden die Augen für neue Möglichkeiten öffnen, sie zumindest am Rande darauf aufmerksam zu machen. Zwar soll der Student selbstständig arbeiten und ihm darf sicherlich nicht alles vorgekaut werden, aber Tipps zu Arbeitsweisen und -werkzeugen sind meiner Ansicht nach immer sinnvoll. Auch den digicampus, die universitäre Verwaltungs- und Lernplattform der Uni Augsburg, haben wir in den Seminaren nicht ansatzweise in dem Maße genutzt wie es möglich wäre. Er diente im Grunde nur zur Bereitstellung von Readern und Handouts. Bekamen wir am Anfang meines Studiums noch ausgedruckte Reader zur Verfügung gestellt, etablierte es sich nach und nach, diese Materialien nur noch im digicampus online zu stellen, was natürlich zu erhöhten Druckkosten auf Seiten der Studierenden führte. Weitere digicampus-Funktionen wie das Forum oder das Wiki, die für jede Veranstaltung zur Verfügung stehen, wurden in meiner Studienzeit und in meinem Studiengang überhaupt nicht verwendet.
Dazu sollte gesagt werden, dass ich Lehramt Gymnasium studiert habe. Das ist aus meiner Sicht ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt, denn sollten nicht zukünftige Lehrer wissen, wie gewisse Handwerkzeuge funktionieren, um sie später sinnvoll in den Unterricht zu integrieren? Uns ist sicher allen klar, dass Computer und Internet schon längst ihren Einzug in die Schulen hatten und ihr Einsatz immer weiter intensiviert wird. Warum also werden die Lehrer von morgen nicht schon im Studium mit den Medien vertraut gemacht mit denen sie später aller Voraussicht nach mit ihren Schülern arbeiten sollen? Zwar gehören die heutigen Lehramtsstu-dierenden oftmals schon einer Generation an, die mit digitalen Medien aufgewachsen ist, doch dies bedeutet noch lange nicht, dass sie auch kritisch und reflektiert mit diesen Medien umgehen können und tatsächlich über Medienkompetenz verfügen. Hierzu muss die Universität ihren Teil beitragen. In einer Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 15. Oktober 2009 ist dies auch schriftlich festgehalten: „Medienpädagogik ist in der Lehramtsprüfungsordnung I (LPO I) als für alle Kandidaten verbindliche inhaltliche Prüfungsanforderung festgeschrieben" (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2009, S. 362). Diese Aussage lässt also hoffen, dass sich die Situation verbessert und die jetzigen Lehramtsstudenten tatsächlich bereits während des Studiums mit der Arbeit mit digi-talen Medien in der Schule vertraut gemacht werden.

Mehr Erfahrungen mit studentischer Zusammenarbeit im Netz habe ich als Tutorin eines Online-Seminars, das ebenfalls über den digicampus koordiniert wird, gesammelt. Doch erneut ist, obwohl es sich um eine andere Art von Lehre und einen anderen Studiengang handelt, mehr oder weniger das gleiche Phänomen wie in meinem eigenen Studium zu beobachten: Die meisten Möglichkeiten werden von den Studierenden nicht angenommen. Teil der ersten Aufgabe für die Teilnehmer ist beispielsweise die Nutzung des Forums, denn dadurch ist gesichert, dass alle wissen, wie das Forum funktioniert. Nach der Pflichtnutzung findet jedoch keine weitere freiwillige Verwendung statt. Wenn es Fragen gibt, werden diese in den allermeisten Fällen per E-Mail an die Dozentin oder die Tutorin gesendet und nicht, wie eigentlich gewünscht, öffentlich im Forum gepostet. Dies könnte unter Anderem natürlich ein Zeichen dafür sein, dass die Studierenden zwar die Funktionsweise des Forums während der Einarbeitung verstanden haben, nicht jedoch den Sinn und Zweck. Eventuell könnte es helfen, die Teilnehmer von Dozenten- bzw. Tutorenseite auch auf diese Aspekte noch genauer hinzuweisen. Die geringe Nutzung des Forums hat aus meiner Sicht mindestens zwei Nachteile: Erstens haben die anderen Teilnehmer des Kurses nichts davon. Oft tauchen Probleme bei mehreren Studierenden auf, würden diese also im Forum gepostet werden, könnten andere Teilnehmer von der Antwort gleich mit profitieren. Zweitens besteht bei Fragen per E-Mail auch nicht die Möglichkeit, dass die Peergroup Antworten oder Lösungsvorschläge gibt und sich so mit den Problemen und Fragen der anderen auseinandersetzt. Dabei kann genau dies zu einem höheren Lerneffekt führen. Insbesondere bei einem Onlineseminar halte ich persönlich diesen Aspekt für sehr wichtig. In einem Präsenzseminar diskutieren die Studierenden mehr oder weniger in den einzelnen Sitzungen. Dies ist bei einem Onlineseminar nicht der Fall und deswegen wäre es wichtig, dass dieser Austausch doch zumindest auf digitaler Ebene stattfindet. Damit meine ich natürlich nicht nur Verständnisfragen die ins Forum gepostet werden, denn daraus entsteht noch keine Diskussion. Mir geht es vielmehr darum, dass die Studierenden das Forum auch nutzen, um eventuell strittige Lerninhalte untereinander zu diskutieren. Schließlich geht es beim Studieren nicht um stupides Auswendiglernen. In einer Diskussion wird das Gelernte angewendet, es wird geübt, zu argumentieren und auch andere Meinungen zu akzeptieren, die Studierenden lernen, sich mit einem Thema intensiver auseinanderzusetzen. Damit auch dieser Teil des Studiums nicht zu kurz kommt, ist es aus meiner Sicht von großer Bedeutung, auch in Onlineseminaren, in denen die Studierenden im Extremfall nie einen anderen Seminarpartner face-to-face sehen, eine gewisse Diskussionskultur aufrechtzuerhalten bzw. zu schaffen.

Insgesamt lässt sich aus meiner Sicht sagen, dass studentische Zusammenarbeit im Netz positive wie negative Seiten hat. Ein recht großes Problem kann beispielsweise die unterschiedlich stark ausgeprägte Medienkompetenz und -affinität sein. So mag ein Teampartner seit Jahren so gut wie alles am PC erledigen und nur selten auf für ihn unlösbare Probleme stoßen. Ein anderes Teammitglied hingegen verwendet den PC eventuell nur, weil es ohne heute kaum noch funktioniert, stößt aber regelmäßig an seine Grenzen und weiß sich bei Problemen nicht immer zu helfen. Wenn diese zwei Personen nun online zusammenarbeiten sollen, sind Konflikte mehr oder weniger vorprogrammiert. Der medienaffine Teampartner wird seinem Gegenüber viele Dinge vielleicht erst einmal erklären müssen, was zu Frustrationserlebnissen führen kann (andererseits ist es jedoch auch möglich, dass die Begeisterung des bisher weniger medienaffinen Teampartners für die Arbeit mit dem Computer und dem Internet gesteigert wird). Aber solange die Teammitglieder nicht alle mit den zu verwendenden Werkzeugen umgehen können, ist eine sinnvolle Zusammenarbeit nur schwer bis gar nicht möglich. Diese Einarbeitung kostet natürlich Zeit, die trotz im Seminar eingeplanter Einarbeitungszeit eventuell schon für die Aufgabenlösung selbst nötig wäre. Des Weiteren sind vielen Studierenden (und sicher auch Lehrenden) die verschiedenen Möglichkeiten, welche die Werkzeuge im Internet bieten, gar nicht ausreichend bekannt. Das hat zur Folge, dass eine Arbeit damit keinen Mehrwert erzielt oder der Aufwand im schlimmsten Fall höher ist als bei Präsenzseminaren. Auf der anderen Seite kann natürlich diese intensivere Beschäftigung mit den Werkzeugen den Lerneffekt deutlich erhöhen, was mehr ein Vor- als ein Nachteil ist.

Doch die Online-Zusammenarbeit hat noch weitere, vielleicht auch offensichtlichere Vorteile. Bei face-to-face Gruppenarbeiten ist es meist so, dass eine Person für die gesamte Schreibarbeit in der Gruppe verantwortlich ist. Das Internet ermöglicht es, dass alle Gruppenmitglieder ihren Teil schriftlich zur Arbeit beitragen können. Dies kann auf der einen Seite „traditionell" per E-Mail geschehen, indem sich Studierende die Einzelteile per E-Mail zuschicken. Dadurch wird zumindest schon einmal in gewissem Maße verhindert, dass eine einzelne Person die Schreibarbeit alleine erledigen muss. Statt E-Mail können jedoch auch Tools wie beispielsweise Dropbox, GoogleDocs oder ein Wiki verwendet werden. Diese ermöglichen es den Studierenden, gemeinsam an einem Dokument zu arbeiten, auf das sie online zugreifen können und dadurch immer nur eine (und zwar die aktuelle) Version existiert. So ersparen sich Studierende das aufwändige Hin- und Herschicken von halbfertigen Dokumenten, die mühsam zusammengefügt werden müssen und bei denen niemand genau weiß, wer gerade im Besitz der aktuellen Version ist. Ein weiterer Vorteil von studentischer Zusammenarbeit im Netz bezieht sich auf den Zeitfaktor: Gruppentreffen, sind oftmals schwer zu koordinieren und kollidieren mit anderen Aktivitäten der Gruppenmitglieder. Zwar lässt sich dieses Problem nicht vollständig durch das Internet beseitigen, aber immerhin verbessern. Skype-Treffen können auch stattfinden, wenn beispielsweise ein Gruppenmitglied krank ist oder sich gerade nicht in der Stadt befindet. Außerdem muss nicht alles sofort bei dem Treffen erledigt werden, sondern es kann auch jederzeit und überall an den online-verfügbaren Dokumenten gearbeitet werden. Das löst beispielsweise Probleme, die in Gruppen auftreten, in denen ausgeprägt tag- und nachtaktive Menschen zusammenarbeiten.

Meiner Meinung nach ist studentische Zusammenarbeit im Netz tendenziell eher ein Segen, der viele neue Möglichkeiten für Lehrende und Studierende eröffnet. Eine solche Aussage ist natürlich auch immer vom Lehrkonzept, dessen Umsetzung und der Akzeptanz bei den Studierenden abhängig. Durch ausreichende Hilfestellungen von Lehrenden und Peers sowie ein angemessenes Lehrkonzept lassen sich die Gefahren digitaler Zusammenarbeit in Grenzen halten und die positiven Seiten überwiegen. Wie so oft gilt jedoch, dass Medien nicht um ihrer selbst Willen eingesetzt werden sollten, sondern dass sich durch sie ein Mehrwert für alle Beteiligten ergeben sollte. Ich denke, dass der studentischen Zusammenarbeit durch das Internet viele neue Wege eröffnet werden, doch sollte eben auch darauf geachtet werden, dass Dinge wie eine Diskussionskultur nicht verloren gehen, dass die Studierenden sich im Netz nicht verlieren, dass ihnen Dozenten und Tutoren jederzeit hilfsbereit zur Seite stehen und dass sie trotz aller Digitalisierung auch weiterhin persönlichen Kontakt zu Kommilitonen und Dozenten haben.


Literatur
  • Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus [Hrsg.] (2009). Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Unterricht und Kultus und Wissenschaft, Forschung und Kunst. Medienbildung, Medienerziehung und informationstechnische Bildung in der Schule. URL: https://www.verkuendung-bayern.de/files/kwmbl/2009/20/kwmbl-2009-20.pdf (23.08.2011).

Bülow, C. (2011).  Studieren im Netz – ein persönlicher Erfahrungsbericht. w.e.b.Square, 04/2011. URL: http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2011-04/5

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